Ich war’s nicht!

Kleine Kinder sind wahre Meister im Aufsetzen eines unschuldigen Blickes, wenn sie etwas ausgefressen haben. Ganz egal, ob das eine bemalte Wohnzimmertapete ist oder 3kg Mehl, die im Wohnzimmer verstreut sind. „Ich war’s nicht!“ wollen sie sagen, obwohl jeder den Übeltäter kennt.

Nun ja, dieses Verhalten legt man bei fortschreitendem Alter ab. Man lernt nach und nach für seine Fehler Verantwortung zu übernehmen. Nicht so Elon Musk, der mit 219 Milliarden Dollar aktuell reichste Mensch der Welt, und sein Vorzeigeprojekt: das Elektroauto Tesla.

Schlafendes Pärchen bei voller Fahrt in einem Tesla auf US-Highway

Nun muss man wissen, dass die Fahrzeuge von Tesla in den USA schon weitgehend autonom fahren können und dürfen. Allerdings – und das ist nicht unerheblich – muss der Fahrer immer wachsam sein und jederzeit eingreifen können. Dass das nicht jeder macht, beweisen diverse Videos (hier oder hier) und Berichte über schlafende Fahrer auf amerikanischen Highways.

Ich persönlich halte das sowieso für ausgemachten Schwachsinn. Niemand ist ernsthaft in der Lage, die Konzentration als „Mitfahrer“ über längeren Zeitraum so aufrecht zu erhalten, als würde man selbst fahren. Sobald man dem autonomen Fahrzeug vertraut, wird man unaufmerksam. Meines Erachtens ist das Fahren sogar noch anstrengender, wenn man den Autopiloten dauernd überwachen soll, als wenn man selbst fährt und erlernte Automatismen zum Tragen kommen. Wer schon einmal neben einem Fahranfänger auf dem Beifahrersitz saß, weiß, wovon ich spreche. Man bremst auf dem nichtvorhandenen Bremspedal, schaut 10.000-mal in Rückspiegel und hat Schweißausbruch wie bei einem Marathon (untrainiert).

Dass trotzdem relativ wenig Unfälle passieren, spricht für die gute Software von Teslas Autopiloten. Allerdings kommt es halt doch hin und wieder zu einem Crash und dann darf (muss!) man sich die Frage stellen dürfen: Hätte der Autopilot das Hindernis erkennen und den Unfall verhindern müssen? Und wenn sich herausstellen sollte, dass der Autopilot einen Fehler gemacht hat, dann müsste Tesla haften. So, wie das ein Mensch auch machen muss, wenn er/sie Schuld an einem Unfall hat.

Tesla scheint das anders zu sehen und hat möglicherweise eine „Ich war’s nicht“-Funktion in seinem Autopiloten. Denn ganze 16 Fälle hat die NHTSA, die US-Bundebehörde für Straßen- und Autosicherheit, laut einem Bericht des Fortune-Magazins ermittelt, in denen sich verwunderliches abspielte. Weniger als eine Sekunde vor dem Crash hat sich da der Autopilot selbst abgeschaltet. Ganz so, als ob er wüsste, was gleich passiert, aber gerne sagen würde: „Ich war ja gar nicht aktiv, als es passiert ist! Ich war’s also nicht.“ Juristisch gesehen mag das für die Verantwortung im Moment des Unfalls clever sein. Und Elon Musk hat schon bei früheren Unfällen die Verantwortung von sich (bzw. Tesla) gewiesen mit dem Argument, der Autopilot sei bei dem Unfall ja gar nicht aktiv gewesen.

Moralisch wäre so eine Funktion eher zweifelhaft. Das ist irgendwie so wie beim Fremdgehen, wenn man in flagranti im Bett erwischt wird und sagt: „Schatz, es ist nicht so, wie es aussieht!“ Und jeder weiß: Doch, ist es!


Bildnachweis: Screenshot (Ausschnitt) aus oben verlinktem YouTube Video

Ein Kommentar zu “Ich war’s nicht!

  1. Tja, so lange ein solches Verhalten wie das von Musk von Gerichten nicht sanktioniert wird, wird er es so weiter treiben. Wie ein kleines Kind, dessen fehlerhaftes Verhalten nicht korrigiert wird. Wobei man einem kleinen Kind ja noch zu Gute halten kann, dass es manche Dinge mangels Erfahrung nicht besser weiß. Bei Musk ist aber in diesem Fall von Vorsatz auszugehen. Dies ist damit für mich doppelt verachtenswert.

    Und bevor jetzt jemand mit dem Argument „Tesla-Bashing“ kommt. Nein, ich habe nichts gegen Tesla. Ich persönlich würde mir zwar keinen kaufen, aber jeder darf schließlich das Auto kaufen das er will.

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