Cyberwar: Shutdown Deutschland

Der Hackerangriff auf den Fernsehsender TV5 war nur ein Vorgeschmack 
zukünftiger Kriegsführung: Cyberwar. Dessen Phase 1 läuft bereits
seit Jahren.

In der vergangenen Woche ist es der Cyberbrigade von ISIS gelungen, den französischen Fernsehsender TV5 Monde zu übernehmen. Glücklicherweise ohne Blutvergießen, denn der Angriff kam über das Internet. TV5 musste für mehrere Stunden den Sendebetrieb einstellen, weil die Mitarbeiter keinen Zugriff mehr auf die eigenen Systeme hatten. Selbst einen Tag später hieß es, man sei von einem normalen Sendebetrieb noch weit entfernt.

Cyberwar (c) Yannick Schrödel

Cyberwar (c) Yannick Schrödel

Dieser Hackerangriff zeigt, was Experten schon länger vorhersagen: Der nächste Krieg geht mit einer digitalen Attacke Hand in Hand – es wird ein Cyberwar. Fernsehsender werden zu Propagandazwecken mißbraucht, Transportmittel lahmgelegt, Wasser und Stromversorgung abgeschaltet. Kommunikation wie Telefon und Internet wird gekappt, der Zahlungsverkehr blockiert – keine Logistik, kein Geld, keine Lebensmittel, kein Gesundheitswesen. Wer das zwei Wochen lang schafft, stürzt ein Land ins absolute Chaos. Da braucht es dann keine Panzer mehr, um ein Land zu annektieren. Da genügt dann auch ein Reisebus mit Senioren auf Kaffeefahrt.

Das große Problem ist, dass man sich so schlecht wehren kann. Cyberwar ist nämlich in vier Phasen unterteilt und Phase 1 heißt lediglich „Zugang erlangen“. Dazu spionieren Hacker von jedem Geheimdienst, der was auf sich hält, nach „offenen Türen“ in Computern. Phase 1 läuft seit Jahren – weltweit. Und einfach gesagt: Solange die „offene Türe“ nicht durchschritten und auch keine Schadsoftware installiert wird, schlägt auch kein Virenscanner Alarm.

Phase 2 heißt dann „Schadcode installieren“ und geht mit Phase 3 – „Manipulation“ – einher. Dabei werden Viren installiert, die tatsächlich Daten verändern, Zugänge sperren und Fehlverhalten von Programmen provozieren. Die IT-Administratoren haben dann soviel zu tun, dass Sie gar nicht merken, dass die kritischen Systeme gerade übernommen werden. In Phase 4 beginnt dann der Cyberwar – und der Reisebus für die Senioren kann schon mal betankt werden.

Natürlich bereitet sich Deutschland auf so etwas vor und trainierte schon 2011 beim großen LÜKEX-Manöver den digitalen Ernstfall. Bei den ganzen Schauermärchen über die schlechte Ausstattung der Bundeswehr – fluguntaugliche Hubschrauber und sich verbiegende Gewehre – habe ich aber die ernsthafte Befürchtung, dass unsere Verteidiger selbst 2015 noch mit Makro-Viren für Microsoft Office 98 üben müssen.

2 Kommentare zu “Cyberwar: Shutdown Deutschland

  1. Auf der einen Seite finde ich Cyberwar ein absoult faszinierendes Thema. Berichte über Stuxnet oder die Equation Group lesen sich eher wie ein Hollywood-Drehbuch. (Der Hacker scheint ja zum neuen Vampir der Filmindustrie mutiert zu sein, man denke an „Who Am I“ oder „Blackhat“.) Klar, liegt bestimmt daran, dass es sich als Außenstehender immer leichter reden lässt als es ein Mitarbeiter von TV5Monde tun würde.
    Um Dominique Iban, den stellvertrendenen Chef der französischen Sicherheitsagentur für Informationssysteme, zu zitieren: „Die Frage war nie, ob es losgeht, sondern, wann. Jetzt habe ich die Antwort: Am 9. April 2015 ging es los.“

    Aber für unsere Bundesmutti ist das natürlich noch alles #Neuland.
    Was würde denn konkret passieren wenn ein deutscher Fernsehsender (und ich glaube das wäre nur allzu einfach) attackiert wird? Gibt es dafür irgendeine Cyberspezialeinheit die einen furchterregenden Name trägt? Oder klopfen wir dann wieder bei unseren britischen- und amerikanische Freunde (die bestimmt schon einen Fuß in jeder Tür haben) an?

  2. Ich denke, dass wir durchaus genügend Spezialisten haben, die Technologien über IP angreifen und auch schützen könnten. Allerdings glaube ich auch, dass die großteils in der Wirtschaft angestellt sind – von einer organisierten Einheit (egal ob Bundeswehr oder Bundespolizei) also meilenweit entfernt sind. Daher werden wir wohl bei den Amis anfragen müssen.
    Was wir auch haben sind die Trolle, wie sie z.B. Putin nutzt, um Propaganda zu machen und unliebsame Web-Foren mit massenweise dummen Kommentaren einfach kaputt zu kommentieren. Die sind bei uns zwar ebensowenig organisiert wie die Spezialisten, treiben sich aber bei bild.de oder t-online.de auch gleich im Sechserpack rum.

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