Ja Nein Abbrechen

Der frühere schleswig-holsteinische Datenschutzbeauftragte Thilo Weichert ist in der Branche kein Unbekannter. Der streitbare Jurist hat in jedem Fall das Thema Datenschutz in Deutschland teils spektakulär vom staubigen Schreibtisch in die bunten Spalten der Tageszeitungen gebracht. Da Facebook nicht reagierte, drohte Weichert als damaliger Leiter des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz (ULD) Schleswig-Holstein einfach einigen Webseitenbetreibern, die einen Facebook-Like-Button auf ihren Seiten hatten, schlappe 50.000€ Strafe an. Danach kam Bewegung in die Sache.

Weichert meldet sich immer wieder zu Wort und steckt noch immer den Finger in Datenschutz-Wunden. Aktuell steckt sein Finger in einer Wunde in den USA. Genauer gesagt im kalifornischen Palo Alto. Und um ganz genau zu sein: der Finger steckt in keiner Wunde, sondern eher in einem Auspuff. Obwohl die Fahrzeuge von Tesla gar keinen Auspuff haben. Egal.

Das Netzwerk Datenschutzexpertise hat gerade ein Gutachten über die Autos von Tesla veröffentlicht, das Thilo Weichert verfasst hat. 37 Seiten ist es lang. Ein Tesla ist ja fast kein Auto, sondern eher ein Computer auf Rädern.

Mit acht Kameras und Ultraschall überwacht das Gefährt den Innenraum und alles um sich herum. Bis zu 250m weit weg. Und zwar nicht nur für die Auto-Pilot-Funktion beim Fahren. Im so genannten „Wächter-Modus“ erkennt das parkende Fahrzeug (wie eine Alarmanlage mit Bewegungsmelder) jede Veränderung in seinem Umfeld und fertigt Videos an. Und eben nicht nur dann, wenn ein linksextremer Luxusauto-Pyromane am Tesla zündelt, sondern auch, wenn die Müllabfuhr vorbei kommt. Gesichter und Kennzeichen vorbeifahrender Autos sind erkennbar und werden ebenfalls gespeichert. Ein No-go! Zudem erfasst das Auto Daten des Fahrers, der Strecke und der Telemetrie und überträgt diese (zumindest teilweise) in die USA. Natürlich wird da niemand vorher gefragt, obwohl spätestens mit Einführung der DSGVO eine Zustimmung des Nutzers erforderlich wäre.

Als Fazit des Gutachtens schubsen die Experten um Weichert die Autos von Tesla zurück in die Garage. Ihrer Meinung nach dürften die elektrischen Autos in Europa gar nicht zugelassen werden.

Außer natürlich, wenn Tesla bei der Benutzerlizenz und der Software nachbessert. Der Fahrer muss natürlich wissen, wo, wozu und wie die Daten gespeichert werden. Nur dann kann er vorher einer Datenverarbeitung zustimmen – oder sie ablehnen. So, wie wir das jetzt schon bei den Cookies im Netz kennen, wenn sich erst die Abfrage quer über die eben aufgerufene Webseite legt, bevor es zum Inhalt der Seite geht. Das geht, nervt aber sogar im Browser.

Im Auto stelle ich mir das besonders schwierig vor. Ohne die erfassten Daten ist das Auto gar nicht in der Lage, im Autopilot-Modus gute Entscheidungen zu treffen. Also müssen wir als Fahrer wieder ran und haben dann 0,5 Sekunden Zeit, um einzugreifen. Und während Du mit 60km/h durch die Spielstraße bretterst, fragst Du Dich, ob „drum herum“ oder „drüber“ gemeint ist, wenn der Tesla Dir die alles entscheidende Frage stellt: „Soll ich den Fußgänger umfahren? Ja Nein Abbrechen


Ein Kommentar zu “Ja Nein Abbrechen

  1. Würde auch schwierig werden die ganzen Leute auf dem Parkplatz vom Supermarkt o.ä. die am Auto vorbeilaufen um den Einkaufswagen zurückzubringen, zu fragen ob sie erlauben dass der Tesla gerade ein Video von Ihnen aufzeichnet und das auch noch in die USA schickt….
    Den Fahrer mag man noch zu beginn, bei „Ersteinrichtung“ zur zustimmung befragen können, unbeteiligte Personen allerdings nicht. Von Gebrauchtverkauf etc. ganz zu schweigen.
    Wenn die Karre mit 60 Sachen durch eine Spielstraße brettert, gehört der Autopilot sowieso abgeschaltet…
    Zumal der Tesla in der Situation womöglich eine bessere Wahrnehmung der Situation hat als der Fahrer, ich habe keine 8 Augen in verschiedene Richtungen und erst recht kein Ultraschall…

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