Das unmöglich Geglaubte wird wahr, Google muss vergessen! Der europäische Gerichtshof hat entschieden, dass die Datenkrake nicht mehr bis zum Ende der Menschheit alles anzeigen darf, was sie über einen weiß. Wer einen Antrag stellt, kann dem Internet quasi einen kleinen Teil seines Gehirns entfernen. Auf den ersten Blick ein tolles Urteil und überall jubeln jetzt alle. Auf den zweiten Blick hingegen stimmt doch da was nicht.
Sieht man das Urteil nämlich genauer an, stellt man fest, dass der klagende Spanier nur einen Teilerfolg errungen hat. Google (und übrigens alle anderen Suchmaschinen auch) dürfen eine Jahre zurückliegende Zwangsversteigerung seines Hauses bei der Suche nach seinem Namen nicht mehr in der Trefferliste anzeigen. Die Sache sei erledigt, abgegolten und daher nicht mehr relevant. So weit, so gut. Nun muss man sich jedoch die Frage stellen, was eine Suchmaschine überhaupt macht. Sie sucht! Google ist nicht die Quelle, Google ist lediglich ein Verweis auf die Quelle! Es ist ein Wegweiser zu einem Archiv, sonst nix.
Im aktuellen Fall weist Google den Weg in das Archiv einer lokalen spanischen Zeitung, die vor Jahren Informationen über eine Zwangsversteigerung abdruckte – so, wie das tausendmal auch in Deutschland jede Woche der Fall ist. Wovon das Gericht abgesehen hat, ist die Löschung im Zeitungsarchiv selbst zu befehlen. Wer dort nach Mario Costeja González sucht, bekommt weiterhin von der Zwangsversteigerung zu lesen. Informationen über die Vergangenheit – ob schön oder unschön – bleiben also erhalten. Und das ist gut so, wäre ja noch schöner, wenn im Geschichtsunterricht in der Schule nichts mehr zu vermitteln wäre.
Schwierig ist es hingegen, wenn Seitenbetreiber Daten unrechtmäßig übernehmen, wenn sie falsche Tatsachen behaupten und wegen Ländergrenzen oder Anonymisierungsdiensten von Gerichten und der Polizei schlichtweg nicht greifbar sind. Weil Google mit >95% Marktanteil eigentlich „das Internet“ ist, erlaubt das Urteil nun allen, die gegen derart unrechtmäßig verbreitete Informationen vorgehen möchten endlich auch einen Weg, das zu tun. Nicht umsonst heißt es scherzhaft: Was Google nicht findet, ist nicht existent – selbst wenn die Information doch noch auf einem versteckten Server schlummert.
Das Netz vergisst also in Wirklichkeit doch nichts, man findet die Informationen nur nicht mehr so schnell. Mein Vergleich mit dem Entfernen von Teilen des Gehirns ist also falsch. Leider, denn nun fehlt mir der Übergang zu meiner geplanten – und bei Google gefundenen – Pointe: wenn man einem weiblichen Borstenwurm das Gehirn entfernt, wird er zu einem Männchen.