Ein Brotkasten bei den Teigwaren

In den 1980er Jahren boomten Heimcomputer. Die hatten so sympathisch klingende Namen wie Sinclair Spectrum, Amstrad CPC, Robotron 1715 oder KC compact. Weltweit erfolgreich waren Amiga, Atari ST und vor allen Dingen natürlich der C64. Auf ihm daddelte auch ich stundenlang so Spiele wie Zak McKracken, The Great Giana Sisters oder Boulder Dash. Bestimmt ein halbes Dutzend Joysticks überlebten meine vielen Sprints in den grandiosen »Summer Games« nicht. Auf meiner Handfläche mussten deshalb hin und wieder Brandblasen heilen.

Der gute alte C64 war klobig, aber auch robust. Es gibt heute noch einige Retro-Gamer und Sammler, die ihren C64 regelmäßig nutzen. Selbst bei eBay und Kleinanzeigen finden sich immer ein gutes Dutzend Geräte, die zum Kauf angeboten werden. Je nach Zustand und Zubehör muss man dafür zwischen 35 und 250 Euro hinblättern. 

1982 kam die erste Version des C64 auf den Markt, fünf Jahre später ein optisch leicht überarbeitetes und etwas flacheres Modell. Eindeutig zur ersten Variante (also Baujahr 1982-1986) gehört ein C64, den die amerikanische Webseite »Tom’s Hardware« auf einem Foto in einem sozialen Netzwerk gepostet hat. Das Bild zeigt sogar zwei C64, die augenscheinlich noch im Einsatz sind.

Die zwei C64 sind ungewöhnlicherweise (vermutlich über einen Adapter) an Flachbildschirme angeschlossen. Ehrlich gesagt hätte ich vermutet, dass es sich um ein Museum handelt, das Besuchern ein 8Bit Spielevergnügen bietet, wo Eltern leuchtende Augen bekommen und die Kinder sich fragen, was man an so einer Schrottgrafik toll finden kann. Aber weit gefehlt.

Auf den Monitoren läuft weder Maniac Mansion, noch Winter Games oder ein anderes C64-Spiel. Auf den Monitoren sind nur Buchstaben und Zahlen zu sehen, die tabellarisch untereinander aufgelistet sind. Die zwei C64 sind keine Spielkonsolen, sie sind Kassensysteme. Seit über 40 Jahren nutzt ein Geschäft in Brownsburg (Indiana) tagtäglich die guten alten Commodore 64 als Kasse. 

In Deutschland wäre das undenkbar. Die bürokratischen Vorgaben hätten das längst verhindert. Denken wir nur an das fälschungssichere Speichern von Bezahlvorgängen. Der C64 hat ein Floppylaufwerk (1541) oder eine Datasette – unmöglich! Oder die seit 1. Januar vorgeschriebene eRechnung. Der C64 war praktisch offline und wenn überhaupt mittels Akkustikkoppler mit extrem langsamen 1200Baud online. Oder die Bonpflicht in Deutschland. Der C64 hatte – wenn überhaupt – gerade mal Anschluss an einen Nadeldrucker.

Ich weiß nicht, warum das Geschäft in Brownsburg den C64 noch immer nutzt – habe dazu aber eine Vermutung. Der Heimcomputer wird ob seiner Form und Farbe von Fans ja liebevoll »Brotkasten« genannt. Und das Geschäft, in dem die »Brotkästen« als Kassen dienen, ist die Hilligoss Bakery, eine Bäckerei. Wie passend. 

Ein Kommentar zu “Ein Brotkasten bei den Teigwaren

  1. Und genau daran krankt Deutschland immer mehr – bürokratische Überregulierung. Mal ganz davon abgesehen, dass wir mit Steuergeldern diese Bürokratiemonster und diejenigen, welche die Einhaltung der Vorschriften kontrollieren … oder auch nicht, bezahlen müssen, wird damit immer mehr Sand ins Getriebe funktionierender Unternehmen geworfen. Und das nur deswegen, um ein paar wenige schwarze Schafe zu erwischen … oder auch nicht. Weil diejenigen die betrügen wollen, Lücken und Schlupflöcher finden oder ganz frech, einfach bestehende Vorgaben ignorieren.

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