Stellen Sie sich vor, Sie haben ein Fahrrad. Es ist schon älter, aber Sie fahren damit immer mal wieder rum und es tut seinen Dienst. Doch plötzlich entscheidet sich der Hersteller Ihres Zweirads dazu, dass es ab sofort nicht mehr fahren kann. Er schaltet es »aus der Ferne« ab. Nicht, weil es nicht mehr funktioniert, sondern weil er »dieses Modell nicht mehr unterstützt«. Ab jetzt kann es nur noch nutzlos bei Ihnen rumstehen oder Sie werfen es weg.
Was bei Fahrrädern absurd klingt, ist bei Software keinesfalls so. Immer öfter werden Spiele abgeschaltet, die man schon bezahlt hat. Doch damit könnte bald Schluss sein. Das jedenfalls fordern die Initiatoren der EU-Bürgerinitiative »Stop Destroying Games« (Videospielzerstörung stoppen).
Wer sich vor ein paar Jahren ein Computerspiel auf CD ROM gekauft hat, wird es heute immer noch spielen können. Vorausgesetzt, man hat noch ein CD ROM Laufwerk zu Hause (ich hab keines mehr …). Bei MMO-Spielen, das sind »Massively Multiplayer Online-Games« – also Online-Spiele mit sehr vielen Gamern aus der ganzen Welt – ist das anders. Sie funktionieren nur, wenn der Hersteller Server betreibt, die die Positionen, Punkte und die von jedem Akteur erspielten Levels sowie die im Laufe der Zeit weiterentwickelten und veränderten virtuellen Welten speichern.
Wenn nach ein paar Jahren das »Massively« ausbleibt, also keine Massen mehr das Spiel spielen, sondern nur noch eine Handvoll Liebhaber, ist das für den Betreiber sehr schnell unwirtschaftlich. Die Server müssen laufen und fressen 24/7 Strom. Als UBI-Soft kürzlich so eine Infrastruktur für das MMO-Autorennspiel »The Crew« abgeschaltet hat, verloren alle Spieler ihre Spielstände und können das (einmal bezahlte) Spiel nicht mehr spielen. Verärgert riefen sie daraufhin die genannte Bürgerinitiative ins Leben. Sie verlangen, dass einmal erworbene Computergames nicht gänzlich abgeschaltet werden dürfen. Sie sollen zumindest in einem »vernünftigen funktionalen (spielbaren)« Zustand bleiben müssen.Die Aktion hat bereits über eine Million Unterschriften gesammelt und die vorgeschriebenen Schwellwerte in mindestens sieben EU-Ländern überschritten. Daher muss sich das EU-Parlament nun damit befassen. Ich persönlich gebe der Kampagne aber wenig Chancen. Wenn ich mir die vielen aus ihren nationalen Parlamenten »weggelobten« EU-Politiker so anschaue … puh. Ich kann mir kaum vorstellen, dass von den 720 EU-Parlamentariern mehr als ein Dutzend überhaupt MMO-Spiele spielt und somit auch kaum jemand überhaupt das Problem versteht. Die Initiative hätte sicherlich mehr Erfolg, wenn man sie erweitern würde.
Sie müsste lauten : „Stoppt die Abschaltung von Computergames – aber stoppt auch die Abschaltung von Meilensammel-Apps europäischer Fluglinien, Dienstwagen-Konfigurator-Apps, Drei-Sterne-Restaurant-Buchungs-Apps und von der Webseite BrusselsEscortService“. Ich wette, das Verbot wäre sofort beschlossen.