Wir wissen, dass Du schwänzt

Es gibt Dinge, die durch Corona geblieben sind. Plexiglas in Bäckereien zum Beispiel. Oder Videokonferenzen. Und ehrlich: Bei aller Bildschirmmüdigkeit haben Zoom, WebEx und TEAMS durchaus etwas Gutes. Denn viele Dienstreisen waren – sind – und bleiben: überflüssig. Für einen einstündigen Jour Fixe drei Stunden Autobahn? Wirklich nicht nötig.

Aber – und das ist wichtig – echte Treffen ersetzen sie nicht. Projekte gedeihen selten in Silos und schon gar nicht im Dauer-Homeoffice. Trotzdem: Das gute alte „HomeOffice“ (bei uns im Süden gerne groß und mit Artikel) ist gekommen, um zu bleiben. Es bringt Flexibilität, Alltagskomfort – und, je nach Tagesform, ein fragwürdiges Maß an Garderobenfreiheit. Jogginghose und Bierkönig-T-Shirt inklusive.

Doch der Mensch ist ein schlauer Fuchs. Und faul. Eine gefährliche Mischung. Und so gibt es Kollegen – nennen wir sie liebevoll „Effizienzoptimierer“ –, die statt live in der Videokonferenz einfach… sich selbst abspielen. Also das Video. Vom letzten Mal. In dem sie brav nicken, aufmerksam schauen, sogar Notizen machen. Nur live ist das alles nicht. Der Kollege liegt in Wahrheit mit Kopfschmerzen (wahlweise Kater oder Netflix-Marathon) im Bett. TikTok und Instagram zeigen, wie’s geht.

Doch damit ist bald Schluss. Nicht weil die Kollegen plötzlich ihr schlechtes Gewissen entdecken, sondern weil Microsoft aufrüstet. Nicht nur bei PowerPoint-KI und Hintergrundunschärfe. Sondern bei der Kontrolle. Eine neue Funktion in TEAMS erlaubt es Arbeitgebern künftig, die Seriennummern ihrer WLAN-Router zu hinterlegen – samt Standortdaten.

Heißt konkret: Wer mit dem Arbeitslaptop im Unternehmens-WLAN eingeloggt ist, erscheint als „anwesend“ – auf der Karte. Inklusive Gebäude. Auf dem Campus. Im Büro. Wer nicht im Firmen-WLAN hängt, ist demnach: woanders. HomeOffice, Café, Couch. Oder eben mit einem aufgezeichneten Video im Meeting. Der Chef sieht das jetzt.

Microsoft nennt das vermutlich „Transparenz“ oder „Effizienzsteigerung“. Ich nenne es: Überwachung mit WLAN-Anschluss. Und frage mich ernsthaft, wozu das gut sein soll – außer um erwachsene Menschen wie Schulschwänzer zu behandeln. Vertrauen war gestern, heute gibt’s GPS fürs Gemüt. Vielleicht geht’s am Ende auch gar nicht ums Arbeiten. Sondern darum, die Menschheit schrittweise wieder in Jeans, geregelte Tagesrhythmen und soziale Kontrolle zurückzuführen. Raus aus der Jogginghose, rein ins Raster. Willkommen zurück im Präsenz-Zeitalter.

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