Achtung! Heute wird es ein bisschen schlüpfrig und ich bin grad nicht sicher, ob Sie das jetzt animiert zum nächsten Artikel zu springen oder weiterzulesen. Wir werden sehen.
Als das Internet noch klein war, war ich felsenfest davon überzeugt: das Ding wird die Welt revolutionieren. Ich hatte die Hoffnung, dass das Internet es schaffen wird, in die wirklich letzten Winkel dieser Erde vorzudringen und Menschen abseits von großen Städten oder Universitäten mit Wissen und Bildung zu versorgen. Oftmals habe ich in Gesprächen das Bild eines jungen Schafhirten in der Taiga skizziert, der Dank Online-Kursen in der Lage ist, seine mathematischen Fähigkeiten auszubauen – was er ohne Internet niemals könnte. Oder von dem Mädchen in der hintersten Mongolei, das durch Zugang zu diversen Nachrichten in der Lage ist, sich eine eigene, nicht vom Staat vorgegebene, Meinung zu bilden.
Ehrlich gesagt habe ich mich dann aber doch nicht viel länger mit solch sozialen Fragen beschäftigt, denn dann kam Fruit Ninja oder Candy Crush, YouTube und Twitter – und ich war viel zu beschäftigt, als mich um Bildungsfragen in abgelegenen Teilen der Erde zu kümmern. Das hat dann Elon Musk übernommen, der heute mit StarLink das Internet tatsächlich in den letzten Winkel der Erde bringt. So jetzt auch zum Marubo Stamm im Amazonas. Die etwa 2.000 Stammesmitglieder leben weitab der Zivilisation, wenn auch nicht völlig isoliert. Sagen wir mal so: Amazon liefert nicht dorthin.
Die Marubos sprechen ihre eigene Sprache. Traditionelle Bräuche werden seit hunderten von Jahren gepflegt. So brauen und trinken sie zum Beispiel einen aus der Ayahuasca-Pflanze gewonnenen psychoaktiven Sud, quasi ein veganes RedBull-Wodka, um mit den Waldgeistern kommunizieren zu können.
Diesem indigenen Volk wurde nun ein Internetzugang von StarLink gelegt. Ziel war es, mit entfernten Verwandten in Kontakt zu bleiben und vor allen Dingen Soforthilfe in Notfällen rufen zu können. Aber auch, um den jungen Marubos Bildungsressourcen jenseits der Dorfschule bereitzustellen.
Neun Monate ist das jetzt her und die Stammesältesten verfluchen den Tag, an dem das Internet in ihr Dorf kam. Denn die jungen Leute sind mit dem Internet faul geworden. Sie sind Tag und Nacht auf Social Media-Kanälen unterwegs und kümmern sich nicht mehr um ihr direktes soziales Umfeld. Einige sind sogar Opfer von Online-Betrug geworden. Und noch etwas ist passiert. Viele der jungen, männlichen Marubos haben eine Pornosucht entwickelt. Sie gehen nicht mehr auf die Jagd oder pflügen die Felder. Sie surfen stundenlang auf PornHub. Tja. Schlüpfige Themen scheinen doch mehr zu verfangen als Bildung in Mathematik oder Literatur. Sie, ja Sie! Sie sind ja auch noch da und haben nach der entsprechenden Ankündigung bis hierher gelesen ;-)
Bildnachweis: KI-generiert (Adobe Photoshop)
Hallo Tobias, keiner schreit Hurra über deinen Artikel und das Internet, und was das Internet dort ausgelöst hat…, jeder geht ein wenig in sich und hat doch keine Antwort. Ich auch nicht.
Peter aus Wolgast