In die Hutablage meines ersten Autos habe ich mit einer Stichsäge zwei ziemlich große Löcher gesägt und die größten Lautsprecher eingesetzt, die zwischen die Rücklehne der Sitzbank und die Heckscheibe gepasst haben. Wenn ich dann die Bässe hoch- und die Lautstärke aufgedreht hatte, vibrierten die Scheiben bei Billy Idols „White Wedding„, dass es nur so eine Freude war. Völlig egal, wo ich mit meiner Karre, einem Mitsubishi Baujahr 1980, in München unterwegs war. Wer hingegen heute mit einem Mazda, Baujahr 2014 bis 2017, in Seattle, USA umherfährt, kann sich die größten Lautsprecher einbauen, die es gibt. Wenn es blöd läuft, bleibt das Radio stumm. Und zwar für immer.
Grund ist eine Funktion, die eigentlich für Komfort beim Radiohören sorgen soll: RDS. Das Radio Data System gibt es dank Frank Müller-Römer, früher Technischer Direktor des Bayerischen Rundfunks. Nach ersten Tests 1983/1984 startete RDS im April 1988. Ein Volvo 760 hatte – gegen Aufpreis – das erste RDS-fähige Radio. Über RDS werden Daten übertragen, die dem Radio helfen, besser zu funktionieren.
Die bekannteste Funktion dürfte die Anzeige des Namens des Senders oder des gespielten Songs im Display sein. RDS sendet zudem ein Signal, wenn aktuelle Verkehrsinformationen ausgestrahlt werden. Das Radio schaltet automatisch an und laut, wenn vor Geisterfahrern gewarnt wird.
Noch sinnvoller ist die RDS-Funktion „Alternative Frequency“, ohne die wir alle permanent am Regler drehen würden. Gerade bei längeren Fahrten auf der Autobahn verlassen wir nämlich immer wieder den Empfangsbereich eines Senders, selbst wenn dieser im gesamten Bundesland ausgestrahlt wird. Alternative Frequency sorgt dafür, dass das Radio immer die beste Frequenz des einschalteten Senders kennt und automatisch dorthin wechselt.
Doch zurück nach Seattle. Wer dort einen Mazda (Baujahr 2014-2017) fährt und in den letzten Wochen den Sender KUOW 94,9 eingestellt hatte, der braucht nun ein neues Radio. KUOW hat nicht nur alternative Frequenzen oder Verkehrsfunkinformationen ausgestrahlt, sondern auch Grafiken mit dem Coverbild des gerade gespielten Songs. Allerdings fehlte den Dateien die Dateiendung wie .jpg oder .gif. Das Mazda-Radio, das gleichzeitig Freisprechanlage und Navigationssystem enthält, stürzte daraufhin ab und bootete neu. Dummerweise liest es die fehlerhaft gespeicherte Datei beim Neustart erneut ein … und crasht gleich wieder, in einer endlosen Dauerschleife. Lösen lässt sich das Problem nur durch den Austausch der kompletten 1.500$ teuren Multimediaeinheit. Mazda will das nach eigener Aussage aus Kulanzgründen kostenlos übernehmen. Einziger Haken: Aufgrund der weltweiten Lieferkrise im Elektronikbereich ist nicht klar, wann die Geräte geliefert werden können. Bis dahin bleiben die Radios stumm. Ganz egal, wie groß die Lautsprecher in der Hutablage sind.
Bildnachweis: RDS Servicemenu, Wikicommons, Autor: Speifensender https://en.wikipedia.org/wiki/Radio_Data_System#/media/File:BP74-Servicemenu-2008-05-31-03.jpg