Eine eigene Kasse für Vegetarier

Mit 16 Jahren habe ich neben der Schule in einem Supermarkt gejobbt, um mir ein paar Mark zu verdienen. Während meiner Arbeit dort saß ich an der Kasse. Kasse 3 um genau zu sein. Scanner gab es noch nicht. Ich musste nur in die Kasse tippen, was auf dem Aufkleber auf dem Produkt stand. Alles hatte damals so ein kleines Preisetikett. Nun ja, bis auf Obst und Gemüse. Da musste ich eine Nummer eintippen, der aktuelle Tagespreis war hinterlegt. Eigentlich recht simpel, denn es gab eine alphabetisch sortierte Liste, auf der alle Nummern der Obst- und Gemüsesorten aufgelistet sind. Ich musste eigentlich nur nachsehen, welche Nummer Äpfel hatten. Oder Karotten, Tomaten oder Gurken.

Dummerweise gibt es Obst- und Gemüsesorten, die ich damals, mit 16 Jahren, nicht wirklich (er)kannte. Auberginen, Artischocken, Granatapfel, dutzende Zitrusfrüchte, die alle unterschiedliche Nummern hatten. Kurz gesagt, da lagen Früchte auf dem Kassenband, deren Namen ich nicht kannte, weshalb ich in der alphabetischen Liste auch die Nummer nicht finden konnte. Ich habe deshalb immer die Nummer für die Gurke eingetippt. 0,99 Pfennig hat die gekostet.

Meine Schwäche hat sich schnell herumgesprochen. Obwohl ich im Vergleich zu den Festangestellten deutlich langsamer tippte und es an Kasse 3 deutlich länger dauerte, stellten sich gerne Kunden bei mir an. An Kasse 3 gab es teures Gemüse für billig. Ich war der Held aller Vegetarier. Als die Chefkassiererin Frau Braun das mitbekommen hat, saß ich plötzlich nicht mehr an Kasse 3.

Immer öfters wurde ich nun zum Auffüllen der Regale eingeteilt. Auffüllen habe ich gehasst, wie die Pest. Schon damals habe ich mich gefragt, ob das nicht ein Job für Roboter ist. Die könnten doch durch die Gänge fahren und mit einer 360°-Kamera die Regale abscannen, fehlende Ware aus dem Lager holen und mit ihrem Greifarm auffüllen. Das muss doch kein Mensch machen, schon gar nicht ich …

Tatsächlich hat die Supermarktkette Walmart dafür fast 500 Roboter der Firma Bossa Nova Robotics im Einsatz. Diese fahren durch die Gänge und scannen die Regale ab, um festzustellen, ob Waren fehlen. Kürzlich hat Walmart seinen Vertrag mit den Robotern gekündigt und alle 500 Maschinenmenschen „entlassen“. Die Gründe dafür sind einfach. Das Management von WalMart hat nach eigenen Angaben erkannt, dass Menschen die Arbeit im Supermarkt genauso gut erledigen können, wie Roboter. Stimmt, mit Ausnahme von dem jungen Kerl an Kasse 3.


Bildnachweis: Etikett – Eigenkreation, Einkaufswagen – Klaus Schneider macgyverhh via Fotolia

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