Heute geht es nicht um Verschwörungstheorien oder Aussagen von Weltuntergangs-Spinnern. Aber so leid es mir auch tut, das Ende ist nah, und zwar ganz nah. Zum Glück jetzt nicht von der Welt, aber immerhin vom World … Wide Web. Zumindest in der Art und Weise, wie wir es kennen. In den USA hat die FCC, eine Art Regulierungsbehörde wie hierzulande die Bundesnetzagentur, die seinerzeit unter Obama verschärften Regelungen zur Netzneutralität aufgehoben. Angeblich sind die Netze am Ende ihrer Kapazitäten angekommen. Das Ganze kam – wen wundert’s – mit dem neuen FCC-Vorsitzenden ins Rollen, den Präsident Trump ins Amt hievte. Also doch eine Verschwörung mit Weltuntergang?
Tatsächlich halte ich Netzneutralität für eine wichtige Voraussetzung für die Freiheit und Vielfalt im Internet. Freiheit der Meinung und Vielfalt des Angebots. Denn bei bestehender Netzneutralität muss ein Provider alles im Netz gleich schnell transportieren. Daher ist die Pornoseite genauso schnell (oder langsam) wie ein Röntgenbild, das ein Krankenhaus einem anderen überträgt. Wird die Netzneutralität aufgehoben, dann können die Provider das Röntgenbild bevorzugen. Es ist dann schneller im OP auf dem Bildschirm, dafür ruckelt das Schmuddelvideo in der Studentenbude.
Eigentlich könnte man meinen, dass das doch eine gute Sache sei, denn schließlich ist eine OP am offenen Herzen ja wichtiger, als die Hand in der offenen Hose. Ist das so? Sie glauben doch nicht im Ernst, dass die Provider die Daten des Krankenhauses freiwillig und vor allen Dingen kostenfrei schneller liefern? Das werden sie nicht tun. Sie werden exakt die Daten von demjenigen bevorzugen, der sie bezahlt. Und deshalb ist die Abschaffung der Netzneutralität ein Problem. Wer kann sich denn die Bevorzugung im Netz leisten? Das ist nicht das Kreiskrankenhaus in Wolfratshausen, das sind die großen Konzerne wie Google, Facebook und Co. Auch Amazon wird superschnelle Produktseiten bieten, die kleine Apotheke, die sich mit einem kleinen Onlineshop über Wasser hält, jedoch nicht. Nichtkommerzielle Webseiten (freie journalistische Angebote sowie alle privaten Webseiten z.B. von Sportvereinen) werden auch verlieren.
Wer das Argument bringt, dass Röntgenbilder wichtiger sind als Tittenbilder, der unterschlägt, dass es heute schon jedem frei steht, sich eine eigene Leitung mit fester Kapazität zu kaufen. Früher nannte man das Standleitung. Wer also superschnell Daten von A nach B bringen will und sich nicht mit Geschwindigkeitsschwankungen im freien Internet rumärgern will, der muss Geld bezahlen. Gleiches Prinzip also wie ohne Netzneutralität, nur mit dem Unterschied, dass Andere nicht darunter leiden.
Die Aufweichung der Gleichbehandlung von Inhalten im Internet geht also nicht nur auf die Vielfalt, letztendlich kostet uns das nur Geld, denn: am Ende zahlt eh alles der Verbraucher. Sobald in Deutschland die Netzkapazitäten an ihre Grenzen stoßen, werden die Provider auch hierzulande nach mehr Geld schreien. Für den Ausbau der Netze. Die Netze stoßen aber nur deshalb an ihre Grenzen, weil einfach viel zu viel Unsinniges darüber läuft. Die ganzen SPAM Mails zum Beispiel oder gefühlt etwa 95% aller YouTube Videos.
Die Befürchtung, dass die Beendigung der Netzneutralität sich negativ auf das Internet auswirken wird, teile ich auch. Vielleicht wird das Internet im Laufe der Zeit langweilig werden, etwa zu einem moderneren Fernsehen verkommen, wo man Einkaufen kann, sich Bezahlfernsehen anschaut, etc.
Ich denke, dass die Befürchtungen durchaus Realität werden können. In der Regierung Trump dreht sich doch das meiste nur noch um Profit, den Profit von einigen Wenigen, die realistisch betrachtet zwar schon genügend haben, bei denen die Gier aber offenbar so groß ist, dass sie nach noch mehr streben und denen hierzu alle Mittel recht sind.
Vielleicht wird dann wieder die Zeit eines Fidonet oder Mausnet oder … kommen. Die Geldgeier können dann ihr Bezahlweb alleine weiterbetreiben.