Zuerst konnte ich es gar nicht glauben, dass es sowas gibt: Vitamin-Diebe oder wie sie in anderen Zeitungs- und Online-Artikeln genannt wurden: die Obst-Mafia. Immer wieder kommen Bauern morgens auf ihr Feld … und Alles ist weg. Alles, was darauf angebaut, gepflegt, bewässert und beackert wurde. Abgeerntet. Über Nacht. Von Unbekannten.
Ein paar Beispiele: In Ostholstein verschafften sich Ende Mai Täter Zugang auf einen Hof und ernteten rund acht jeweils 110 Meter lange Pflanzenreihen Erdbeeren ab. Mehr als 400 Kilogramm. In Hessen hingegen stahlen Diebe rund 500 Kilogramm Kirschen. Das war besonders dreist, denn sie kamen während eines Fußball-Länderspiels, als alle vor dem Fernseher saßen, zerschnitten den Zaun, mähten das Gras und pflückten dann die Kirschen ab.
Mit ein paar mehr Fahrzeugen mussten die Täter in Dieterskichen (Bayern) unterwegs gewesen sein. Dort wurden rund 20 Tonnen (!) Äpfel von einer abgelegenen Obstplantage gestohlen. Getoppt wird das nur von einem Fall aus Baden-Württemberg, wo innerhalb einer Nacht ein kompletter Weinberg abgeerntet wurde.
Dass Obst, Gemüse und Pflanzen gestohlen werden, ist also für Bauern nichts Neues. Neuerdings trifft der Pflanzenklau aber auch immer mehr Stadtmenschen. Dabei geht es aber nicht um Geranien oder sonstige Balkonpflanzen, sondern um Gras – besser gesagt: Cannabis.
Auf dem Online-Portal Reddit berichtete letztens ein User, dass einem Kollegen eine Cannabispflanze von der Fensterbank gestohlen wurde. Und wenn Sie sich jetzt fragen, warum ich in einer Technik-Kolumne über den Fall berichte, dann deshalb: der bestohlene Freizeit-Gärtner wusste, dass seine Pflanze wertvoll ist. Deshalb hat er in weiser Voraussicht einen GPS-Tracker, ein Apple airTag, in der Erde des Blumentopfes versteckt. Als die Pflanze, samt Topf und Trackingdevice weg war, folgte er dem Signal, erblickte seine Zuchtpflanze auf dem Balkon einer Wohnung. Bis vor wenigen Wochen wäre es noch undenkbar gewesen, damit zur Polizei zu gehen und Anzeige zu erstatten. Heute geht das. Die Staatsgewalt hat die Cannabispflanze dann sichergestellt, bevor das Diebesgut als Joint in Rauch aufgehen konnte.
Wer die typisch deutsche Bürokratie kennt und weiß, wie langsam die Mühlen im Justizapparat mahlen, der kann sich sicher vorstellen, dass die Topfpflanze in der Asservatenkammer vermutlich schon ausgetrocknet sein wird, bevor der erste Stempel auf irgendeinem Formular gelandet ist. Doch weit gefehlt. Nach zwei Tagen erhielt der Hobbygärtner einen Anruf und durfte seinen Pflanztrog abholen. Auf einem Foto, das auf Reddit veröffentlicht wurde, sehen die berauschenden Pflanzen und Blätter blendend aus. Saftig, grün und top gepflegt. Anscheinend hat irgendjemand im Polizeirevier Braunschweig-Querum nicht nur ein blaues Licht auf dem Dach, sondern auch den sprichwörtlich grünen Daumen an der Hand – und hat freundlicherweise nicht nur den Büro-Fikus des Reviers gegossen.
Screenshot https://reddit.com/r/germantrees/s/Mbw1EwM6WO