Dass die Straßen jeden Arbeitstag um 17 Uhr voll sind, weiß jeder. Und dass die Schlange beim Bäcker Samstag morgens länger ist als sonst, weiß man auch. Und selbstverständlich ist niemand überrascht, wenn am ersten Ferienwochenende die Schlange vor dem Gepäckschalter am Flughafen bis zum Eingang reicht.
Doch … woher soll ich wissen, wann ich im Handyladen am längsten warten muss? Oder besser noch, an welchem Wochentag um wieviel Uhr ich – wahrscheinlich – am schnellsten drankomme? Die Antwort liefert Google, weil viele Menschen irgendwann einmal in den AGB zugestimmt haben, anonymisierte Positionsdaten zu übermitteln.
Googelt man nach einem Geschäft oder einer Werkstatt, wird einem nicht nur angezeigt, wo das ist, man bekommt auch die so genannten „Stoßzeiten“. An einem kleinen Balkendiagram kann ich sofort sehen, wie viel jetzt in dem Geschäft los ist und wie lange die Wartezeit oder die durchschnittliche Verweildauer in dem Laden ist.
Auf der Google-Support-Seite steht auch, wie die angezeigten Werte erzeugt werden: Stoßzeiten, Wartezeiten und Besuchsdauer werden mithilfe von aggregierten und anonymisierten Daten von Nutzern berechnet, die den Google-Standortverlauf aktiviert haben. Sobald genügend Personen Ihr Unternehmen besucht haben, werden diese Informationen automatisch angezeigt.
Wie geht das? wer ein Android-Handy mit aktiviertem Standortverlauf hat, sendet Google in kurzen Intervallen anonymisiert (s)einen Standort. So ist klar, wie viele Handys dort sind und wie lange sie dort verbleiben. Und daraus lässt sich eben dieses Stoßzeiten- und Verweildauer-Diagramm erzeugen. Spitze! Mit anonymisierten, aggregierten Daten von vielen Menschen kann man datenschutzkonform hilfreiche Informationen wie Stoßzeiten abzuleiten.
Und weil immer wieder über den Datenschutz geschimpft wird, hier einmal eine Idee, was man aus solchen Informationen noch ableiten könnte, wenn man es denn dürfte und täte. Nehmen wir an, Sie laufen mit Handy durch die Wohnung und wir messen jede Minute die Position. Selbst wenn ich Ihre Wohnung gar nicht kenne: Dort, wo Sie sich jeden Morgen ca. 20 Minuten, an Wochenenden und Feiertagen auch untertags (aber nur kurz) und jeden Abend länger, aber nicht so lange wie morgens, aufhalten … ist Ihr Bad. Da, wo Sie abends manchmal zwei, drei Stunden regungslos verharren, ist die Couch vor Ihrem Fernseher. Und nachts liegt ihr Handy meist neben dem Bett. Da ist das Schlafzimmer. Irgendwann ist der Grundriss und damit auch die Größe der Wohnung klar. Ich kann errechnen, wieviel Miete oder Grundsteuer so eine Bude kostet oder kann als Werbetreibender durchaus ableiten, wieviel Sie monatlich ausgeben können.
Übrigens: Sollte Ihr Partner ebenfalls ein Handy haben, weiß man auch, wann Sie gemeinsam im Schlafzimmer sind. Und wenn dann noch beide so zwischen zwei und acht Minuten nichts auf dem Handy tippen oder klicken, dann kennt Google auch Ihre Stoßzeiten und die durchschnittliche Verweildauer.