Manchmal im Leben geht es nicht in die Richtung, die man sich so vorstellt. Da hat man Pläne … aber die ändern sich irgendwann aus Gründen. Ganz normal. Man selbst und die Welt um einen herum entwickelt sich weiter und dann wird – wie beim Navi im Auto – die Route neu berechnet. Weil man im Leben anders abgebogen ist als ursprünglich geplant. Vermutlich ist deshalb auch kaum einer beruflich das geworden, was man sich mit 4 Jahren so vorgestellt hat. Sonst gäbe es vermutlich mehr Feuerwehrmänner und Prinzessinnen, als dieses Land je braucht.
Ich finde es sehr spannend, wenn man mal vergleicht, wie sich Menschen vor vielen Jahren unser Heute vorgestellt haben. Das haben wir zum Beispiel im Jahr 1984 machen können, als wir George Orwells (schon 1948 fertig gestellten) Roman mit dem Jetzt verglichen haben.
Bereits zwei Jahre vorher, also 1982, kam „Blade Runner“ in die Kinos, der im November 2019 spielt. Vor drei Jahren konnten wir vergleichen, ob sich Ridley Scott die Welt in 38 Jahren korrekt vorgestellt hat. Neonreklamen von Coca-Cola und Atari erleuchteten in der Fiktion die schmalen Gassen zwischen Hochhäusern. Bei der schwarzen Brause könnte das passen, aber der stilisierte Mount Fuji im Atari-Logo verschwand bereits Mitte der 90er Jahre vom Markt. Etwas besser lag der Film beim Videotelefonieren. Zwar wurde das erste Videotelefon in einem Science Fiction Film bereits 1927 in Fritz Langs Stummfilm „Metropolis“ gezeigt – allerdings noch mit Hörer und ohne Freisprechanlage. Trotzdem zukunftsweisend. Die Ausführung in „Blade Runner“ wirkt für mich eher hemdsärmlich, fast schon erheiternd. Das Videotelefon ist kein Smartphone mit Touchdisplay, sondern eine Telefonzelle mit großem Röhrenmonitor und Tastenfeld.
Aber ich rede mich leicht. Spielen wir das Spiel doch mal andersherum. Wie sähe zum Beispiel ein Navigationssystem aus, das Ihnen während der Fahrt automatisch die Strecke von A nach B weist – gebaut nur mit Materialen, die vor hundert Jahren verfügbar waren?
Geht nicht? Hah! Dann kennen Sie Joseph W. Jones noch nicht. Er hat 1909 mit der „Jones Live Map“ ein analoges Navigationssystem für Automobile erfunden. Es handelt sich dabei um Scheiben, auf denen mehrere Anweisungen (wie „Rechts abbiegen“) stehen.
Jede Scheibe war für eine definierte Strecke von A nach B vorgefertigt und der Automobilist steckte sie auf eine drehbare Halterung mit einem Zeiger. Diese Halterung war mit der Achse des Fahrzeugs verbunden und bei jeder Umdrehung des Reifens drehte sich so auch Jones‘ Scheibe um wenige Millimeter. Irgendwann zeigte der Zeiger auf eine Anweisung und der Fahrer wusste, dass er jetzt „Rechts abbiegen“ muss, um nach B zu kommen. Hat man sich einmal verfahren, fuhr man zur letzten Anweisung zurück und justierte die Scheibe neu. „Route wird neu berechnet“, so wie wir das auch in unserem Leben machen können, funktionierte damals noch nicht.
Bildnachweis: Seal Cove Auto Museum und https://factlets.info/JonesLiveMap