Bei der Verleihung des Deutschen Radiopreises gibt es immer mehrere Sieger. Wie beim Oscar werden jeweils Gewinner diverser Kategorien geehrt. Letztes Jahr, 2023, führten Katrin Bauernfeind und Thorsten Schorn in Hamburg durch den Abend, der für einige Moderator:innen mit dem Gewinn dieses prestigeträchtigen Preises endete. So gewann Simone Panteleit vom Berliner Rundfunk 91,4 die Kategorie „Beste Morgensendung“, Maurice Moore von bigFM die Kategorie „Bester Moderator“.
In der Kategorie „Bestes Interview“ erklomm Sabrina Gander das Siegertreppchen für ihr Gespräch mit einem Bestatter über seine Erfahrungen bei einem Hilfseinsatz nach einem Erdbeben. Sabrina Gander arbeitet bei Radio Donau3FM in Ulm. Und ich gehe jede Wette ein, dass dieser Sender 2024 erneut auf der Siegerliste steht.
Donau3FM erlebte am 17.01.24 das, was schon tausend anderen Firmen passiert ist. Sie sind Opfer einer Ransomware geworden. Cyberkriminelle legten die kompletten Systeme lahm und forderten Lösegeld für die Entschlüsselung der Daten und „Freigabe“ der Systeme. Für jemanden, der in der IT-Security arbeitet … ein Standardvorfall. Für die betroffene Firma … ein Horror. Alles, was mit Computern läuft, steht still. Es können keine Rechnungen oder Gehälter mehr bezahlt werden, es kann nichts mehr bestellt werden, es gibt keinen Schichtplan, kein Excel, es geht keine E-Mail und bei Voice-over-IP-Telefonen kann auch niemand mehr telefonieren. Bei Radio Donau3FM wird es leise. So vieles hängt hier am Tropf der Bits und Bytes. Von den von einem Algorithmus generierten Playlisten bis hin zu den Jingles für Wetter und Verkehr. Der Sender steht still. Komplett.
Was das Radioteam dann macht, ist meines Erachtens des Deutschen Radiopreises 2024 würdig. Nachdem klar war, dass nichts mehr geht wie sonst, testete man, ob die Mikrofone mit dem alten, analogen Mischpult im Backup-Studio funktionieren. Sie taten es. Ein alter CD-Player wird angeschlossen und in einem verstaubten Notfall-Koffer finden sich CDs die die Radio-Crew mit Hits des Jahres 2003 versorgt. Später werden ein privates DJ-Pult und die Schallplattensammlung eines Kollegen in den Sender geschleppt. Radio Donau3FM macht nun Radio – wie früher. Es wird gespielt, was gefällt – und nicht, was der Computer vorschreibt.
Das Programm wird improvisiert und die Hörer:innen finden es toll. Sie schicken Musikwünsche per WhatsApp ins Studio. Und was dort nicht auf Vinyl oder CD zu finden ist, wird einfach von zwei Moderatoren selbst live gesungen. Ein im Ort ansässiges Musikhaus bringt sogar eine Akustikgitarre vorbei.
Der Laden läuft wieder. Mit Blöcken und Stiften. Mit Laufen und Zurufen. Manches hakt, manches geht geschmeidig. Es arbeiten keine Computer, es arbeiten Menschen. Zusammen. On air. Im Team.
Mal sehen, ob sie Ende des Jahres in Hamburg auch gemeinsam auf der Bühne stehen. Als Gewinner des Deutschen Radiopreises 2024 in der Kategorie: „Cyberdefense“
Bildnachweis: Pixabay – Kaufdex und garten-gg
Quelle: https://www.donau3fm.de/cyberangriff-auf-donau-3-fm-wir-machen-einfach-radio-wie-frueher-938975/
Tolle Story und absolut preisverdächtig!
Man könnte sie dort bewerben. Müsste aber wohl einen Sendungsmittschnitt einreichen, an dem man die Rechte besitzt. Das wird schwierig.
Oder man müsste jemanden kennen, der einen kennt – beim Grimme Institut.
Plötzlich wird die Sendung wieder lebendig und unvorhersehbar und menschlich. Wie geil ist das denn! Mir gefällt diese Geschichte. Das wär doch mal was für einen Sender in München.
Super, genau so einen Plan B muss man haben. Nicht immer ganz einfach, aber unheimlich hilfreich.
So einen Vorfall gab es schon bei Antenne Bayern vor vielen Jahren mal. Allerdings aufgrund eines Kabelbrandes und nicht wegen Ransomware. Da haben wir dann sogar wieder mit Tonbändern arbeiten müssen.