Oder: Wie Apples M1 Chip die Prozessoren von Intel „zerstört“
Vor ein paar Tagen hat Apple neue Rechner vorgestellt, die nicht mehr mit Intel Prozessoren arbeiten. Die Kalifornier haben eigene Chips entwickelt. Am Tag der Präsentation sprach Apple von nahezu unglaublicher Leistungssteigerung bei maximal reduzierter Leistungsaufnahme.
Und tatsächlich: Das Macbook Air ohne Lüfter (!) ist fast 1/3 schneller als Hochleistungs-Macs aus dem Vorjahr mit Intel-Prozessor. Ohne Kühler bedeutet, die Chips laufen nicht mal richtig heiß und verbrauchen folgerichtig kaum Energie. Apple muss sogar die Warnfenster anpassen, die einen vor dem Ende der Batterielaufzeit warnen. Bei 3% hat man nämlich nicht mehr nur noch ein paar Minuten auf dem Akku, sondern unter Umständen noch ne ganze Stunde.
Apples M1 Chip pulverisiert Intels Prozessoren geradezu. Nur … wie geht das? Oder war Intel einfach schlecht?
Vergleichen wir das ganze doch mal mit Fußball. Intel baut seit Jahren CPUs, die ein bisschen wie Lothar Matthäus sind. Den Weltmeister und Weltfußballer von 1990 hätte sicher jeder gerne in seiner Mannschaft. Schnell, bissig, grätscht Gegner weg, gibt nie auf, übernimmt Verantwortung, hält die Abwehr zusammen und schießt obendrein auch noch Tore. Matthäus ist wie eine CPU von Intel. Ein Leader, zudem flexibel und überall einsetzbar. Ein Top-Spieler eben. Was Intel im letzten Jahrzehnt dann gemacht hat, war Lothar Matthäus zu klonen und immer kleiner zu bauen. Sie stopften also einen Matthäus (Rechenkern) nach dem anderen in eine CPU. Mit jedem weiteren Kern (Matthäus) verbesserte sich die Leistung.
Irgendwann kam Intel jedoch drauf, dass Tausendsassa Matthäus nur auf dem Feld gut ist und nicht im Tor. Es gibt nämlich einen Spezialjob – die Berechnung realistischer Grafiken. Prompt bekamen die zehn Matthäusse einen neuen Mitspieler. In unserer Metapher ist die GPU (also die „Grafikkarte“) der Torwart. Zehn Mal Lothar Matthäus auf dem Platz und Manuel Neuer im Tor. Eigentlich eine megastarke Mannschaft.
Apple hat nun folgendes gemacht. Sie versuchen nicht, Lothar Matthäus noch kleiner zu bauen und noch mehr Lothars aufs Feld zu quetschen. Apple beruft einfach elf unterschiedliche Spezialisten in ihr Team. Einen Mittelstürmer, je einen spritzigen Rechts- und Linksaußen, Top Innen- und Außenverteidiger auf jeder Seite, einen grandiosen Mittelfeldstrategen, und natürlich auch einen Manuel Neuer im Tor. Auf Apples M1 Chip finden sich daher eine CPU, eine GPU (Grafikprozessor), ein Image Prozessor (Spezialist für typische Prozesse bei der Bildbearbeitung), ein Signal Prozessor (Spezialist für intensive mathematische Funktionen), eine neuronale Prozessoreinheit (Spezialist für künstliche Intelligenz wie Spracherkennung), ein weiterer Spezialist für Video De- und Encodierung, ein Spezialist für Verschlüsselung, für Authentifizierung und für Sicherheit sowie ein Spezialist für superschnellen Transport von Daten zwischen den Einheiten.
Sie verstehen? Intels Team besteht aus Manuel Neuer und zehn Mal Lothar Matthäus. Das ist gut, keine Frage. Aber auf der anderen Seite des Feldes, in Apples Team auf dem M1 Chip, warten Neuer, Ronaldo, Neymar, Messi, Mbappé, Lewandowski, Kroos, Müller, Ibrahimovic, Schweinsteiger und Lahm. Wer wohl gewinnt? Anpfiff!
Gut und lebendig erklärt, Das Ganze ist ähnlich wie bei Allwetterreifen, im Flachland unbestritten gut und meistens ausreichend, aber eben auch nur ein Kompromiss an Stelle von zwei Spezialisten..
Apples Ansatz klappt allerdings auch nur wenn man auf binäre Kompatibilität pfeifen kann.
Den „Trick“ mit den hochspezialisierten Koprozessoren gab es schon früher, AMDs APU-Strategie, vornehmlich „Fusion“ sollte ja in die Richtung gehen, und ARM hat auch Kombichips angeboten mit Java-Bescheluniger, THUMB – Kern und dergleichen.
Alles gut, alles schön… versteht aber nicht die selbe Sprache wie die 10 Matthäi/Matthäusse oder wie auch immer man die Mehrzahl schreibt… (oder ist das so wie bei Kakteen?)
Jedenfalls ist das alles schön und gut, beschleunigt aber weder MS Office noch hilft es beim zocken (jedenfalls nicht mehr als eine GPU sowieso schon tut, spätestens mit Raytracing-Beschleunigung etc.)
Das Ganze ist also nur wieder das alte „Universalmaschine mit Kompatibilität zu 30 Jahre alter Software“ versus „spezialisierte Hochelistungsmaschine mit eigenem Ökosystem“ – Spielchen, das es schon vor vielen Jahren gab.
Die altehrwürdigen DEC Alpha waren zu Ihrer Zeit auch rasendschnell und sind den Intels davongerannt… und ein IBM-CELL-Prozessor wie in der PS3 war auch eine sehr interessante, ihrerzeit hoch effiziente Rechenmaschine… bringt dem Anwender aber nix wenn Oma Hertha damit kein Farmville spielen kann…
>>bringt dem Anwender aber nix wenn Oma Hertha damit kein Farmville spielen kann…
dieser Schlusssatz bringt es auf den Punkt! Und beim Stichwort DEC Alpha erwärmte sich gerade mein Herz :-)