Hier wurden Sie geholfen

Die Deutsche Telekom stellt zum Dezember dieses Jahres ihre Telefonauskunft ein – und schließt damit eine Institution, die heute (fast) keiner mehr braucht. Ehrlich gesagt, ich kann mich gar nicht mehr erinnern, wann ich das letzte Mal die Auskunft angerufen habe. Und da es den meisten so geht wie mir, sind die Anfragen bei der 11833 seit Jahren immer weiter rückläufig.

1995 wurde diese Nummer noch wahnwitzige 550 Millionen mal gewählt. Ein Rekordwert, der nie wieder erreicht wurde. Im Gegenteil. Wie aus der Pressemitteilung des magenta Riesen zu erfahren ist, schrumpften die Anrufe im Schnitt um 20% pro Jahr auf heute „deutlich unter 2 Millionen“. Ein Rückgang um insgesamt 99,6%. Der Grund ist einfach. Die Menschen suchen sich Telefonnummern heute selbst heraus. Online. Mit dem Smartphone oder auch am Rechner.

Früher ging das noch nicht, da halfen dann die Menschen bei der Auskunft. Angefangen hat alles noch im vorletzten Jahrhundert. 1881 nahm Deutschlands erste Fernvermittlungsstelle in Berlin ihre Arbeit auf. Seit damals beschäftigten die rechtlichen Vorgänger der Bundespost und der späteren Deutschen Telekom Telefonistinnen, die die Gespräche damals sogar noch über Steckbretter vermittelten. Erst später suchten sie nur noch die Rufnummern aus Telefonbüchern und später Computern heraus. Das erste Fernsprechbuch enthielt übrigens gerade einmal rund 180 Nummern. Ach ja, zu dieser Zeit machten diese Arbeit übrigens ausschließlich Telefonistinnen. Nicht Telefonisten m/w/d. Nein, Telefonistinnen mussten es sein. Frauen wurden als geduldiger eingeschätzt als Männer. Und wer einmal bei der Auskunft gearbeitet und mitbekommen hat, wie unverschämt sich ein (kleiner) Teil der Anrufer (meist nicht die -innen) verhält, der versteht das Argument mit dem dicken Fell. Zudem konnten Frauen schon damals mit deutlich weniger Gehalt abgespeist werden. Sie wurden „Fräulein vom Amt“ genannt – und das hatte einen noch viel absurderen Grund. Die Damen mussten nicht nur freundlich sein und einen guten Umgangston pflegen, sie mussten zudem auch noch unverheiratet – also ein Fräulein – sein. Und am besten bleiben. Wer heiratete, verlor nicht nur seinen Beruf, sondern bis 1923 sogar seine Pensionsansprüche.

Das baldige Aus der Telekom-Auskunft kritisiert Verena Bentele, die Vorsitzende des Sozialverbandes VdK. Man ließe damit „vor allem arme, ältere Menschen und Menschen mit Behinderung zurück„, die sich kein Smartphone leisten könnten oder mangels barrierefreier Angebote Schwierigkeiten mit der Technik haben. Doch es gibt Alternativen. Die Telekom verweist auf immerhin über 70 Konkurrenten, die bei der Bundesnetzagentur als Auskunft registriert und unter den Rufnummern 118xx erreichbar sind. Am bekanntesten dürfte die 11880 sein, für die früher Verona Pooth (damals noch Verona Feldbusch) Werbung machte. Dort werden Sie jetzt geholfen.

Für die Mitarbeiter bei der 11833 ist im Dezember jedenfalls Schluss. Sie werden jedoch nicht entlassen. Sie werden auf andere Projekte verteilt oder gehen in Rente. Und vielleicht will die ein oder andere sogar noch heiraten. Wer weiß?!

 

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