Die ganze Beziehung war eigentlich ein großes Missverständnis. So einen Satz hört man öfter mal nach einer Scheidung. Trotz Rosenkrieg hoffe ich mal, dass ein solches Zerwürfnis trotzdem noch reibungsloser abläuft als eine vermeintliche Trennung in Oberkotzau, im Fichtelgebirge, vor ein paar Tagen. Die führte nämlich zu einem geräumten Zug und zu einer Gesamtverspätung von über 16 Stunden bei 18 Zügen. Aber der Reihe nach.
Wenn ich im Ausland unterwegs bin und mit meinem Englisch nicht weiterkomme, dann nutze ich gerne Übersetzungsapps wie „SayHi“. Nachdem ich aus dutzenden Sprachen die richtige ausgewählt habe, spreche ich einen Satz auf Deutsch und der wird dann von der App laut in der übersetzten Sprache vorgelesen. Mein Gesprächspartner antwortet danach in seiner Sprache (zum Beispiel Ungarisch, Ukrainisch oder Griechisch) und die App spricht die Antwort dann laut auf Deutsch. Bis jetzt habe ich damit alles hinbekommen, ganz egal ob ich in Budapest im Taxi saß oder es um einen Sonderwunsch bei der Essensbestellung in der Türkei ging. Das hat mit der App jedes Mal hervorragend geklappt. Kein Grund also, sich von ihr zu trennen.
Leider scheinen aber nicht alle Übersetzungs-Apps so zuverlässig zu sein. Wie diverse Medien berichteten, hat eine solche App zu der oben erwähnten stundenlangen Verspätung mehrerer Züge geführt. Und zwar nur aufgrund eines Missverständnisses einer Trennung. Ein 36-jähriger Iraker nutzte eine nicht näher genannte Übersetzungs-App, um eine Mitreisende zu fragen, ob er im richtigen Zugteil sitze. Er dachte, dass der Zug in zwei Teile getrennt wird – und jeder dann unterschiedliche Ziele ansteuert. Keine ungewöhnliche Frage … eigentlich. Ich weiß nicht, welches irakische Wort für „Trennung“ der Reisende nutzte, aber es gäbe dafür mehrere passende deutsche Wörter wie Trennung, Entzweiung, Abkapselung, Separation oder Abspaltung. Die App des irakischen Reisenden nutzte keines davon und machte aus dem harmlosen Satz: „Der Zug wird gleich in zwei Teile geteilt. (Welcher fährt nach …)“ leider sinngemäß: „Dieser Zug wird gleich in zwei Teile explodieren …“. Die angesprochene Mitreisende sah für sie unverständliche, arabische Zeichen im Originaltext und dann die vermeintlich explosive Übersetzung – und alarmierte kurzerhand die Bundespolizei. Die Bahn wurde daraufhin angehalten, 80 Reisende evakuiert und ein Sprengstoffhund schnüffelte den ganzen Zug ab. Der Iraker wurde vernommen, konnte die unglückliche Situation letztlich aber schnell aufklären.
Diese Geschichte hat sehr viele Aspekte. Man kann durchaus diskutieren, ob der Vorgang ähnlich abgelaufen wäre, wenn der Reisende ein Grieche oder Argentinier gewesen wäre und all so Zeugs. Tatsächlich glaube ich persönlich bei längerem Nachdenken, dass keiner der Beteiligten einen Fehler gemacht hat. Weder der Reisende. Noch die Frau, die die Polizei informiert hat. Und auch nicht die Polizei selbst. Das nennt man Verkettung unglücklicher Umstände. Nur die App … die sollte Hausverbot in jedem App-Store dieser Welt bekommen. Der irakische Fahrgast hat ihr sicher die Scheidung erklärt, sich quasi getrennt – und sie von seinem Handy gelöscht.
Hallo Tobias,
ich lese deine Texte sehr gerne! Vielen Dank für die interessanten Einblicke und Geschichten.
Hier muss ich allerdings kurz einhaken, weil zwischen Oberkotzau und dem Bayerischen Wald ca. 200 km liegen. Oberkotzau liegt eher in der Region Fichtelgebirge.
Ansonsten top Story!
Viele Grüße
Steffi
Liebe Steffi, vielen Dank für Deine nette Nachricht und den Hinweis. Ich habe den Fehler korrigiert. Viele Grüße, Tobias