Gelinkt

Wenn ein Richter Recht spricht, muss er befürchten, dass die jeweils unterlegene Partei des Richterspruchs damit unzufrieden ist. In den USA ist das sogar so weit gegangen, dass der Präsident seine Unzufriedenheit über einen richterlichen Beschluss per Twitter der gesamten Welt mitgeteilt hat. Aber auch hier in Deutschland bekommen Richter Schelte. Besonders, wenn es um das Internet geht.

Ich schätze den Beruf des Richters sehr. Sie sind eine der wichtigsten Institutionen der Demokratie. Ich denke aber auch, dass „das Recht“ so vielfältig und komplex ist, dass es Spezialisten geben muss. Also Richter, die sich in dem Bereich wirklich auskennen, in dem sie urteilen. Die gibt es auch – für Arbeitsrecht, Familienrecht, Strafrecht und so weiter. Das ist total wichtig, denn Sie würden ja auch ungerne einen Zahnarzt die Bremsen an Ihrem Auto reparieren, und den KFZ-Mechaniker dafür den Schraubenschlüssel an Ihren Backenzahn ansetzen lassen.

Urteilsspruch oder Unheilsspruch?

Leider ist das letztens passiert. Da hat ein Richter (m/w) des Landgericht Hamburg Neuland betreten und – um im Bild zu bleiben – offenbar als (ganz bestimmt sehr guter) KFZ Mechaniker eine Wurzelbehandlung am Schneidezahn durchgeführt. Und die ist nix geworden.

Urteil, beim Verlinken besser nachfragenMit Aktenzeichen 310 O 402/16 vom 18. November 2016 verbot das LG einem Webseiten-Betreiber einen Link zu einer anderen Seite zu setzen, auf der eine Urheberrechtsverletzung begangen wird. Um es klar zu machen: Der Webseiten-Betreiber hat selbst keine illegalen Inhalte angeboten – er hatte nur einen Link auf eine andere Seite gesetzt.

Dort war (für ihn unwissend) ein Architekturfoto ohne geeignete Nennung des Fotografen abgebildet – es war also nicht einmal ein illegales Film-Streaming-Portal oder sowas.

Da der Verlinkende aber Gewerbetreibender „mit Gewinnerzielungsabsicht“ ist, könne man ihm zumuten – so das Gericht – „sich durch Nachforschungen zu vergewissern, ob der verlinkte Inhalt rechtmäßig zugänglich gemacht wurde„. Das bedeutet: Er hätte vorher nachfragen müssen, ob auf der verlinkten Seite alle Inhalte rechtmäßig sind – inklusive aller Unterseiten. Da hofft man doch, dass neben Bundeswehr und Polizei auch unsere Richter im Bereich IT schnellstmöglich viel mehr Fachleute bekommen. Denn: Spätestens hier wünscht man sich statt dem KFZ-Mechaniker den Zahnarzt, der erkennt, dass das im Internet total weltfremd und völlig unmöglich ist.

Wer anderen eine Grube gräbt …

Den Beweis, dass das so ist, erbringt das Landgericht Hamburg gleich selbst. Die von mir sehr geschätzten Journalisten von heise.de – die ja auch Gewerbetreibende sind – haben in einem ihrer Berichte über das vom LG Hamburg gefällte Urteil auf die Webseite des LG Hamburg verlinken wollen – und folgerichtig eine schriftliche Bestätigung vom LG Hamburg selbst erbeten, dass alle Inhalte auf deren Seite legal sind.

Verlinken kann schmerzhaft teuer werdenIn der Antwort schreibt das Gericht, dass es zwar davon ausgeht, dass das so ist – rechtsverbindlich betätigen, will es das allerdings nicht. Hahaha! Offenbar haben sie in der Hansestadt gemerkt, dass es manchmal schmerzhaft und auch nicht wirklich zielführend ist, wenn man mit der Zange Zähne putzt.


Wie immer, aber diesmal sogar in Fettdruck –> Bildnachweis:

Blutige Hand mit Zange:  (c) Alex Malikov lizensiert via fotolia.de

Screenshot des Aktenzeichen des LG Hamburg: selbstgemacht, aber angeschaut auf spiritlegal.com

Ein Kommentar zu “Gelinkt

  1. Das kommt dabei heraus wenn man Versucht krampfhaft irgendwelche Muster aus der realen Welt aufs Internet zu übertragen und dabei auch übersieht dass sich (im Gegensatz zu einer Zeitung) die Inhalte einer Webseite quasi minütlich ändern können.
    In einem Forum oder auf einem Blog kann man als Betrieber nur mit viel Aufwand sicherstellen dass kein Blödsinn gepostet wird, bei Facebook und Twitter wird das schon quasi unmöglich.
    Ich möchte den Richter sehen der jede Minute sämtliche auf seiner Webseite verlinkten Portale abklappert und auf Urheberrechtsverstöße kontrolliert um dann rasch den Link zu entfernen. -.-

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