Die Ameise im Handy

Etwas, das mich in der Natur schon immer faszinierte, ist »Schwarm-Intelligenz«.

Also wenn eine große Zahl Tiere »gemeinsam« kluge Entscheidungen trifft. Wo ein Vogelschwarm hinfliegt zum Beispiel oder wie sich ein Schwarm kleiner Fische durch kreiselnde Bewegungen als »Ganzes« gegen größere Fressfeinde schützt. Auch Bienen oder Ameisen vollbringen im Team Gigantisches.

Wie üblich versucht der Mensch die Natur auch hier nachzuahmen. Man muss als Hersteller nur viele smarte Geräte verkauft haben, die irgendetwas messen können. Smartphones zum Beispiel oder Autos, die aufgrund ihrer enormen Verbreitung »Schwarmwissen« liefern können. Ich habe mal gehört, dass ein Automobilhersteller angeblich die (anonymen) Daten der Regensensoren von hunderttausenden Fahrzeugen an einen Wetterdienst verkauft. Welcher Wetterdienst kann es sich leisten, selbst im kleinsten Dorf einen Regensensor zu installieren? Dass aber zumindest alle paar Stunden jemand mit seinem »Made in Germany«-Wagen durch Gröde in Nordfriesland (zehn Einwohner) fährt, reicht. Erkennt der Regensensor dort Niederschlag, dann kann das brandaktuell auf die Webseite. Oder denken Sie an die Staumeldungen bei Google Maps. Die werden durch hunderte »langsam« fahrende Smartphones in Autos berechnet.

Manchmal geht beim Schwarm aber auch mal etwas völlig schief, so wie jetzt gerade in Brasilien. Smartphones haben winzig kleine Bewegungssensoren. Diese Gyrosensoren funktionieren im Prinzip wie ein an vier Gummis an den Ecken aufgehängtes quadratisches Gewicht in einem Rahmen – nur winzig klein. Neigt man den Rahmen, ändert sich das Verhältnis der Zugkräfte an den vier Gummis zueinander und man kann ausrechnen, in welcher Neigung man sein Handy hält. So kann man in Autorennspielen mit dem Handy lenken. Oder denken Sie an die Funktion, dass iPhones Stürze oder Unfälle erkennen können und auch automatisch Hilfe holen. Da zerren die Gummis an dem kleinen Gewicht im Gyrosensor kurz und heftig, gerade so, wie wenn es uns beim Auffahrunfall in den Sicherheitsgurt presst.

Aber auch leichtes bis schweres Schütteln wird registriert. Und wenn in einer Region gleichzeitig mehrere hundert Android-Smartphones ein Schütteln registrieren, dann löst Google Erdbebenalarm aus. Mit lauten Signalen werden Menschen gewarnt und können sich in Sicherheit bringen. So wie in Brasilien in der Nacht auf den 14. Februar, als um 2.20 Uhr nachts der Alarm vor einem Beben der Stärke 5,5 warnte. Toll. Eigentlich. Denn es gab kein Erdbeben. »Richtige« Erdbebenzentren mit Seismografen haben auch kein Schütteln festgestellt. Google hat keine Ahnung, warum der Fehlalarm ausgelöst wurde und sucht den Fehler seines Schwarms – schon seit Tagen ohne Erfolg. Wahrscheinlich sucht auch nur eine(r).

3 Kommentare zu “Die Ameise im Handy

  1. Hallo Tobias,

    die Auto-Regensensoren in allen Ehren, aber von Gröde kommt bestimmt kein Input für den Wetterdienst … denn Gröde ist eine Hallig, auf der meines Wissens höchstens sehr robuste Traktoren fahren – wind- und wetterfest, aber bestimmt nicht „smart“.

    „Die Aussichten für Gröde: Keine Daten“ ;-)

    LG!

    • Ach Mist, ich hätte genauer Recherchieren sollen. Habe nur nach „kleinstes Dorf“ gegoogelt und nicht weiter nachgedacht. Nun ja … vielen Dank für die Aufmerksamkeit und die Info! LG Tobias

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