Bitte warten

»Wir haben heute leider ein erhöhtes Anruferaufkommen. Ihre voraussichtliche Wartezeit beträgt 15 Minuten.« Na? Schon mal gehört? Ja? Soll ich Ihnen etwas sagen? Das »erhöhte Anruferaufkommen« ist nicht erhöht. Das ist immer so. Weil egal, wann ich bei „dieser“ Hotline anrufe, der Spruch kommt immer. Immer! »Wir haben heute leider ein erhöhtes Anruferaufkommen.« Von wegen. Ihr habt zu wenig Leute! Oder zu viele Probleme, weswegen Kunden anrufen müssen.

Aber so sehr ich mich auch ärgere, ich kann das ja auch ein wenig verstehen. CallCenter sind teuer im Unterhalt. Du brauchst sehr viele Menschen, die unter Umständen sogar im Schichtdienst die Anrufe entgegennehmen. Sie müssen gut Deutsch sprechen, immer freundlich sein und zudem auch komplexe Anfragen von aufgeregten Menschen verstehen und lösen. Von den unverschämten Anrufern, die einen anschreien, mal ganz abgesehen. Ein Traumjob sieht anders aus.

Vermutlich werden daher in naher Zukunft virtuelle Stimmen und Künstliche Intelligenz in CallCentern die Anrufer betreuen. Sie sind nicht reizbar, bleiben höflich, selbst wenn man sie zum Teufel wünscht oder ihre (nicht existierenden) Familien beleidigt. Vermutlich ist das die Zukunft und wenn die KI gut ist, dann werden auch 98 Prozent aller Fälle von ihr abgearbeitet werden können. Alles, was irgendwie standardisierbar ist. Die menschlichen Expertinnen und Experten kümmern sich dann nur noch um die Fälle, die aus der Reihe fallen.

Der Computerhersteller HewlettPackard, kurz HP, geht einen anderen Weg. Dort hat man gemerkt, dass fast alles, was die Kunden an der Hotline wissen wollten, schon irgendwo auf der Webseite von HP im Support-Bereich zu finden ist. Die Kunden waren einfach zu faul (oder zu blöd?), den entsprechenden Beitrag zu finden. Doch anstatt die Anfragen zumindest mit einer virtuellen Stimme durch eine KI zu beantworten, ging man bei HP einen anderen Weg. Irgendwie wollte man die Kunden dazu bewegen, doch selbst zu googeln und nach einer Lösung im Netz zu fahnden.

Wie das IT-Nachrichten-Portal golem berichtete, bekamen Anrufer der HP-Hotline folgenden Satz zu hören: »Wir sind gerade einer erhöhten Wartezeit ausgesetzt und entschuldigen uns für die Unannehmlichkeiten. Der nächste freie Berater kann Ihnen in 15 Minuten helfen.«

Der Witz dabei: Die 15-minütige Wartezeit gab es auch dann, wenn an der Hotline gar nichts los war und Berater »frei« waren. Wer jemanden am Supporttelefon sprechen wollte, musste grundsätzlich erst eine Viertelstunde warten. In einem Statement erklärte HP das Ziel der Wartezeit: »Dieses Supportangebot sollte mehr digitale Möglichkeiten bieten, um die Zeit bis zur Klärung von Anfragen zu verkürzen.«

Ich bin sicher, dass das Prinzip so gut funktioniert hat, dass nicht nur hilfesuchende Anrufer abgesprungen sind, sondern auch zahlende Kunden. Ach ja. Am 21. Februar, genau drei Tage nach der Einführung der »akademischen Viertelstunde«, hat das Unternehmen die erzwungene Wartezeit wieder abgeschafft. Kam wohl doch nicht so gut an.


Bildnachweis: © lassedesiqnen – Fotolia.com

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