Wer schon länger mit Computern und PCs zu tun hat, der kennt es: das Warten. Warten, dass der Computer endlich hochgefahren ist. Erst das Bios, dann warten bis das Windows-Logo erscheint. Etwas später dann warten auf den Desktop und bis sich die Sanduhr nicht mehr dreht und der Mauszeiger erscheint. Und dann noch einmal warten, bis alle Autostart-Programme geladen sind. Nur ja nicht vorher schon irgendetwas anklicken, das bremst nur! Und dann wartet man noch länger, als es eh schon dauert.
Ganz früher, als das Internet noch gar kein Internet wie heute war, wartete man auch. Man wartete … und lauschte dabei dem Pfeifen des Modems beim Einwählen, beim Verbindungsaufbau, dem Verständigen auf die Übertragungsgeschwindigkeit und dem Handshake, wenn die Verbindung da war. Dann wartetete man wieder. Nur zwanzig, vielleicht dreißig Sekunden zwar, aber so lange dauerte es, bis die Startseite des Bulletinboards aufgebaut war.
Wir alle warten auch im echten Leben immer wieder. An Ampeln, auf den Aufzug, auf bessere Zeiten oder auf das Erscheinen eines Musikalbums. Oder denken Sie nur an diesen Godot. Auf den warten die Leute schließlich schon seit 65 Jahren. Und sie gehen trotzdem ins Theater, obwohl sie eigentlich schon wissen, dass sie umsonst warten – weil der einfach nicht kommt. In einer grandiosen Karikatur unseres Umgangs mit Gastarbeitern lässt Gerhard Polt einen Vorarbeiter warten. Auf einen Herrn Dillinger nämlich, während der „Ali“ eine Grube ausschaufelt, die – wenn das Warten auf den Dillinger noch länger dauert – der „Ali“ ja schließlich auch wieder zuschaufeln könne.
Die Gewerkschaft Verdi hat das Warten jetzt als Druckmittel entdeckt. In den Auslieferungslagern Rheinberg, Werne, Leipzig und Graben bei Augsburg traten die Mitarbeiter letzte Woche in einen Streik. Drei Tage soll der Ausstand dauern und bis dahin müssen sich manche Empfänger von Amazon Paketen in Geduld üben und …. warten. Dass Verdi den Streik gerade dann durchgeführt hat, kommt nicht von ungefähr. Seit Wochen und Monaten warten Computerspieler auf das Erscheinen der neuen Version der Fußballsimulation „Fifa 18“. Sie alle müssen jetzt etwas länger warten. So, wie die Amazon Mitarbeiter eben auch schon länger „auf faire Löhne und gute Arbeitsbedingungen“ warten, sagt Verdi.
Wer klug ist, lädt sich „Fifa 18“ also einfach über das Internet. Das geht schneller. Zumindest wenn der PC schon mal hochgefahren ist.
Und torpediert damit die Bemühungen von ver.di.