Verschlüsselt, verschusselt, verschollen

»Ich habe bei der Wahl die meisten Stimmen erhalten, die je ein Bewerber erhalten hat.« Wenn Sie jetzt gerade an einen amerikanischen Präsidenten denken, dann muss ich Sie enttäuschen. Bei ihm kann man nämlich nachprüfen, dass das gar nicht stimmt. Diesen Satz könnte aber einer der Bewerber für den Vorstand der International Association for Cryptologic Research (IACR) von sich gegeben haben. Und da kann man das eben nicht nachprüfen.

xDie IACR ist eine wissenschaftliche, nichtkommerzielle Organisation, deren Zweck die Erforschung der Kryptologie ist – also von Verschlüsselung. Dort kümmert man sich um immer neue Algorithmen, um unsere Daten vor dem Zugriff anderer zu schützen. Vor der CIA, dem FBI, der Konkurrenz, dem Nachbarn oder auch einem bösen Hacker. Und die Wahl zum Vorstand könnte eventuell erdrutschartig ausgegangen sein. Vielleicht aber auch nicht.

Einer der Wahlleiter beim IACR war Moti Yung. Er ist in der Branche kein Unbekannter. Der hochintelligente Yung ist Informatiker und Kryptograph. Er hat für IBM, Google oder auch Snapchat gearbeitet und gilt als einer der weltweit führenden Köpfe in der Wissenschaft, wenn es um wirklich sichere Verschlüsselung geht. Auch deshalb lief die Wahl zum Vorstand der IACR selbstverständlich sicher und verschlüsselt ab. Hochsicher sogar.

Wie bei PKI-Verfahren üblich, sind die Daten nur mit dem privaten Schlüssel wieder lesbar zu machen. Ohne den geht nichts. Der private Schlüssel ist eine Kette von Bytes – einfacher gesagt, eine Art kryptisches Passwort. Das bei der IACR eingesetzte System Helios geht sogar noch einen Schritt weiter. Der Schlüssel wurde in drei Teile zerteilt und drei Wahlleiter erhielten treuhänderisch je einen Teil davon. So wird ausgeschlossen, dass eine Einzelperson die Wahl manipulieren könnte. Denn nur, wenn alle drei Wahlleiter ihren Teil-Schlüssel eingeben, lässt sich das Endergebnis ablesen.

Bei dieser Wahl könnte es sein, dass jemand noch erdrutschartiger gewonnen hat, als das es Donald Trump je von sich behauptete. Kann sein. Es wäre ebenso denkbar, dass jemand die größte, schönste und erfolgreichste Wahl aller Zeiten für sich entschieden hat. Kann auch sein. Wir werden es jedoch nie erfahren. Der Wahlleiter (einer der Treuhänder) hat aus Versehen sein Drittel des privaten, kryptographischen Schlüssels gelöscht.

Ausgerechnet Moti Yung war das, der sich jetzt vermutlich in den Allerwertesten beißt. Da das Wahlergebnis nicht knackbar und auch nicht auslesbar ist, wird die Wahl wiederholt. Niemand wird jemals wissen, wer im ersten Wahlgang gewonnen hat. Und ob es knapp war oder eindeutig.

Kopf hoch, Moti Yung! Es gibt Schlimmeres. Denn – hey – so gesehen ist es eigentlich der beste Werbespot aller Zeiten für sichere Verschlüsselung. Wenn nicht mal mehr Moti Yung an die Daten kommt, dann sind sie wirklich sicher.

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