In jungen Jahren bin ich mit einem Klassenkameraden mal ein Wochenende zum Zelten an den Ammersee geradelt. Das Wetter war leider nicht ganz optimal, denn hin und wieder gab es den ein oder anderen heftigen Regenschauer. Aber in der Nacht hatten wir Glück. Der Himmel war wolkenfrei und so weit außerhalb der Großstadt störte auch keine Lichtverschmutzung den Blick auf die Sterne.
Es war einfach grandios! Wir tranken Bier und über uns schwebte der schönste Sternenhimmel den man sich vorstellen kann. Traumhaft! Ich entdeckte alle Sternbilder, die ich kannte. Den großen und den kleinen Wagen. Sie merken schon, ich habe keine Ahnung von Sternbildern.
2008 kam dann eine App für das iPhone auf den Markt, die sicherlich nicht nur mich beeindruckte, sondern weltweit für Staunen sorgte.
„Star Walk“ machte es möglich, quasi durch das Telefondisplay in den Himmel zu sehen. Dank Neigungssensor und Kompass blendete die App die Namen von Sternen und Planeten ein. Und sie verband die Lichtpunkte zu Sternbildern.
Es war der Wahnsinn! Cassiopeia, Pegasus, Orion, Löwe, Drache und natürlich auch der kleine sowie der große Wagen. Ich war geflasht und völlig aus dem Häuschen. Ich konnte stundenlang in den Himmel blicken!
Doch damit ist es nun bald vorbei. Dank Elon Musk, dem Multi-Milliardär, der nicht nur mit seinen Tesla-Elektroautos die Autobahnen, sondern mit seinem Unternehmen SpaceX auch den Weltraum erobern will. Neben Urlaubsreisen in den Orbit will Musks Unternehmen das Internet in jeden Winkel der Erde bringen. Mit 12.000 Satelliten soll der gesamte blaue Planet umspannt werden und das WWW auch dorthin strahlen, wo keine Infrastruktur ist oder wo sie durch Krieg bzw. Naturgewalt zerstört wurde.
60 der 12.000 benötigten Satelliten fliegen schon im Testbetrieb durch den Orbit. Zum Entsetzen vieler Astronomen! Denn die Satelliten sieht man mit dem bloßen Auge, wenn sie das Licht der Sonne reflektieren. Sie reihen sich auch noch aneinander, wie Perlen auf einer Schnur. Sind mal alle geplanten Satelliten oben, werden mehr Satelliten als sichtbare Sterne am Himmel zu erkennen sein.
Es wird ein Trauerspiel. Wenn ich mal Opa bin, werde ich vielleicht eines Nachts mal mit meinem Enkel in den Himmel schauen. Und dann kann ich nicht sagen: „Schau mal da! Das ist der große Wagen!“ Ich muss dann so Dinge sagen wie: „Schau mal da oben! Der helle Punkt ist der Polarstern. Links daneben, was aussieht wie ein „T“, das ist die Telekom. Und direkt darüber, das ist Vodafone.“
Bildnachweis:
a) Privat // b) NASA/STScI // c) Screenshot Star Walk // d) Screenshot aus diesem YouTube Video von Movie Vertigo