Brüssel, 2015. Ein Urteil des europäischen Gerichtshofes von Anfang Oktober hat mich begeistert. Das so genannte „Safe Harbour Abkommen“ ist ungültig, die Europäische Kommission hätte es so niemals unterschreiben dürfen. Das Abkommen, das absurderweise „Sicherer Hafen“ heißt, regelt wie personenbezogene Daten europäischer Bürger in den USA gespeichert werden. Die Unternehmen sorgen – aus technischer Sicht – für ausreichend Schutz gegen unbefugten Zugriff. Das hat das Abkommen tatsächlich erreicht.
Nur, was ist denn eigentlich ein „unbefugter Zugriff“? Und vor allen Dingen: unbefugt aus welcher Sichtweise? Jedes US-Unternehmen ist nämlich „ohne jede Einschränkung verpflichtet“, die Vorgaben des Abkommens außer Acht zu lassen, wenn es Gründe der „nationalen Sicherheit, des öffentlichen Interesses und der Durchführung von Gesetzen der Vereinigten Staaten“ erfordern. Da muss man kein Jurist sein, um zu verstehen, dass das ein Eingriff in das Grundrecht europäischer Bürger ist – wann immer die USA das wollen.
Die jetzt erfolgte schallende Ohrfeige haben die EU-Parlamentarier Max Schrems zu verdanken, der den Stein ins Rollen brachte, als er vor ein paar Jahren Facebook verklagte – aber die zuständigen irischen Behörden alles für OK befanden, was Facebook da macht.
Ich bin denen aber gar nicht böse. Die etwas mehr als 20 Mitarbeiter die in der irischen Datenschutzbehörde arbeiten, sitzen in kleinen Büros oberhalb eines Supermarkts bei Dublin. Nur wenige dürften Juristen sein, der Rest – ich rate mal – kaufmännische Angestellte.
Dass die gegen die vielen Anwälte in Facebooks multimillionenschweren Rechtsanwaltskanzleien mit Mahagonieschreibtischen gar keine Chance haben, ist klar. Sie wollten aber vielleicht auch Facebooks steuerschonende Europazentrale nicht verärgern? Wer weiß. Nun, haben sie aber nicht mit dem Durchsetzungswillen von Max Schrems gerechnet. So wie damals, als Österreich 1978 in Cordoba gegen die übermächtige Deutsche Fußball-Nationalmannschaft antrat und ebenfalls nicht den Hauch einer Chance hatte – dann jedoch durch ein Tor von Hans Krankl mit 3:2 gewann. Hatte ich erwähnt, dass Max Österreicher ist? Um es deshalb mit dem legendären Radiomoderator Edi Finger zu sagen: „I wer‘ narrisch! 1:0 für den Datenschutz!“
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Hallo Hr. Schrödel, sie sprechen mir aus der Seele (und das richtig wienerisch). Allerdings wird es wenig bis keine Konsequenzen geben. Die erste Reaktion auf das Urteil war, wir machen weiter wie bisher…? Auch das Klagsrecht für EU-Bürger in den USA bei Verletzung der Datenschutzbestimmungen ist eigentlich nur ein Placebo. Da klag ich dann vor einer 12-köpfigen amerikanische Jury meine Rechte ein und von den Geschwornen hat keiner auch nur ansatzweise Datenschutzbewusstsein. Die Aussicht auf Erfolg ist geringer als verschwindend. Da kann ich auch gleich an den Osterhasen glauben… :(
lg aus Wien
Thomas Schmid