VW hat noch nicht einmal so richtig begonnen, den Abgas-Skandal bei seinen Diesel-Aggregaten aufzuarbeiten, da werden schon die nächsten an den Pranger gestellt und beschuldigt, das gleiche getan zu haben. Nein, ich rede nicht von BMW, Mercedes, Toyota oder Volvo. Ich rede von Bosch/Siemens-Staubsaugern und von Fernsehapparaten des koreanischen Herstellers Samsung.
Konkurrent Dyson wirft Bosch/ Siemens vor, bei seinen Staubsaugern die vermeintlich niedrige Energie-aufnahme für das Prüfsiegel mit einem unüblichen, weil leeren Beutel nachgewiesen zu haben, und bei vollem Beutel die Saugkraft und die Energiezufuhr saftig auf über das Doppelte hochzufahren.
Samsung wird hingegen beschuldigt, die energiefressende Hintergrundbeleuchtung der großen Displays abzudunkeln, wenn das Testvideo zum Messen des Stromverbrauchs läuft. Es geht um den Aufkleber, der von einem grünen A++ bis zu einem roten G anzeigt, wie sparsam ein Gerät ist. Kaum einer kauft heute noch Haushaltsgeräte mit einem orangen oder gar roten Pfeil. Was nicht grün ist, bleibt ein Ladenhüter.
Nun ist der Bildschirm der Hauptverbraucher bei Fernsehern und man kennt das ja vom Smartphone: Wer sein Display lediglich um fast unmerkliche 10% abdunkelt, hat gefühlt 25% Akkulaufzeit gewonnen. Der Stromverbrauch sinkt rapide – bei abgedunkelten Fernsehern natürlich auch.
Damit niemand durch unterschiedliche Messverfahren benachteiligt wird, hat die International Electrotechnical Commission (IEC) für Bildschirme ein genormtes Video herausgebracht. Es soll einen repräsentativen Mix aus schnellen Bildern (Fußball) und weitgehend statischen Aufnahmen (Nachrichten) zeigen. Und jetzt kommt’s: Immer wenn das Testvideo läuft, drehen die Samsung Fernseher die Helligkeit des Screens runter und schaffen so immer den grünen Pfeil. Wird hingegen „echtes Fernsehen“ geschaut, konnte das Abdunkeln nicht beobachtet werden und der Stromverbrauch war ungleich höher. Das ist ja wie bei VW! Skandal!
Oder doch nicht? Die Diesel-Fahrzeuge von Volkswagen schalten den Sparmodus nur dann an, wenn das Auto in der Werkstatt auf Rollen „fährt“, sich also nicht wirklich bewegt. In den „Motion Lighting“ genannten Stromsparmodus schalten die Samsung Fernseher hingegen auch bei Ihnen zu Hause und nicht nur im Labor. Und zwar immer dann, wenn viel Bewegung im Bild ist. Also bei Action-Filmen und Fußball – so wie im Testvideo.
Ich halte es überhaupt nicht für verwerflich, wenn Firmen Ihre Geräte auf die öffentlich bekannten Testszenarien hin optimieren. An welche Kriterien sollten sie sich sonst auch halten? Wenn „Motion Lighting“ beim Test im Labor besonders gut funktioniert und im echten Leben der Stromverbrauch höher ist, dann sollten sich eher die Ingenieure beim IEC fragen, ob eingesetzte Testvideo auch wirklich der Realität entspricht. Offenbar sieht der „echte Zuschauer“ mehr statische (Nachrichten) als bewegte Bilder (Action-Filme und Fußball). Wahrscheinlich haben die Tester uns Zuschauer einfach intellektuell unterschätzt.
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