https://hausverbot.net

Irgendwie hat alles mit Günter Freiherr von Gravenreuth angefangen. Und wenn Sie jetzt eine Adelsgeschichte erwarten, die man beim Friseur lesen kann, dann muss ich Sie enttäuschen. Gravenreuth war der erste Anwalt, vor dem ich Schiss hatte. Der Jurist mit dem auffälligen Namen jagte in den 1980er Jahren Raubkopierer. Jungs und Mädels in meinem Alter, die – mangels Taschengeldes – die Computerspiele ihres C64 oder Amigas mit Kumpels in der Nachbarschaft tauschten. Ich möchte diese Urheberrechtsverletzung keinesfalls gutheißen, aber ich gebe unumwunden zu, dass ich damals auch das ein oder andere Computerspiel weitergegeben oder von Freunden erhalten habe. Zum Glück ist all das heute längst verjährt.

Gravenreuth war als erbarmungsloser Abmahner bekannt, der sogar als 15-jähriges Mädchen getarnt Jungs anschrieb und um die Tauschliste von Games bat – nur um dann Abmahnbeträge zu fordern und Anzeigen zu erstatten, die sogar zu Hausdurchsuchungen bei Kindern geführt haben. Nicht ganz so krass gingen dieser Tage die österreichische Eva Z. und der sie vertretende Anwalt Marcus Hohenecker vor. Aber auch sie scheinen Abmahnungen als lukrative Einnahmequelle entdeckt zu haben.

Automatisiert haben sie nach Webseiten in Österreich gesucht, deren Schriftart-Dateien dynamisch von einem Google-Server eingebunden waren. Das bedeutet, dass die Schriftart – also beispielsweise sowas wie Arial oder TimesNewRoman – nicht lokal vorlagen, sondern bei jedem Aufruf von einem Google-Server aus den USA übertragen wurden. Und dabei erhält der Google-Server natürlich auch die IP-Adresse des Computers, von dem eine Webseite aufgerufen wird. Nach europäischem Recht muss der Nutzer einer solchen Übertragung in die USA aber zustimmen, was typischerweise aber nicht abgefragt wird.

Frau Z. und ihr Anwalt verlangten deshalb von weit mehr als 30.000 Webseitenbetreibern je 90€ Anwaltsspesen und 100€ Schadenersatz. Die Begründung dazu: dass die IP-Adresse in die USA übertragen wurde, führte bei Frau Z. zu „erheblichem Unwohlsein“ wie unter anderem auf heise.de berichtet wird. Zum Glück haben die Richter dem Ganzen schnell einen Riegel vorgeschoben, denn die Kläger konnten weder die Schädigung durch Unwohlsein noch die Übertragung der IP in die USA beweisen – denn es ist auch denkbar, dass die Schriftarten von europäischen Servern ausgeliefert wurden. Gegen Beide ermittelt nun die österreichische Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) wegen gewerbsmäßiger Erpressung und schwerem gewerbsmäßigen Betrugs.

Besser finde ich aber die Aktion eines Anwalts eines durch die Beiden verklagten Hoteliers. Er empfiehlt Eva Z., sie solle von ihrem eigenen Anwalt Regress verlangen, denn dieser hat sie augenscheinlich sehr schlecht und falsch beraten. Und noch viel besser ist jedoch, dass er vor Gericht etwas anderes durchgesetzt hat: Zu ihrem Selbstschutz und zur „Vermeidung von Unwohlsein“ hat er ein virtuelles Hausverbot verhängt. Frau Z. darf die Webseite seines Mandanten (des Hoteliers) auf gerichtliche Verfügung nicht mehr aufrufen. Grandios.

Hinweis: Sollten Sie sich auf meinen Webseiten herumtreiben, um mich aus irgendwelchen Gründen abmahnen zu wollen, erteile ich Ihnen hiermit vorsorglich ein solches Hausverbot. Auf Wiedersehen. Hier geht es lang: https://hausverbot.net

2 Kommentare zu “https://hausverbot.net

  1. Hallo Tobi!
    Das mit dem Grafenreuth war bizarr! Wie man auf so ein moralisch fragwürdiges Geschäftsmodell kommen konnte, das war für mich damals schon unfassbar. Aber offenbar hat er damit die Türe für geistige Nachahmungstäter aufgestossen, denn danach gab es einige völlig irrsinnige Abmahnungen wie z.B. die Tricton/Triton Abmahnung von kleinen Computerhändlern, die den neuen Intel Chipset in ihren Schaufenstern beworben haben. und dann abgemahnt wurden.
    Das ist Rechtsmissbrauch im übelsten Sinne. Es wundert mich bis heute, dass man gegen diese missbräuchliche Anwendung von Gesetzen zur persönlichen Bereicherung so wenig vorgegangen ist.

  2. Traue keinem Juristen!

    Inzwischen sind nicht mehr Biologen und Mediziner, sondern Juristen für die Geschlechtsbestimmung zuständig und lehren neue Varianten der Reproduktion in Verkennung der biologischen Tatsachen.

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