Snapchat killt Facebook weil es eine Funktion hat, die Facebook fehlt: Vergessen!
Ende letzten Jahres wollte Mark Zuckerberg den vergleichsweise kleinen Konkurrenten Snapchat kaufen – für angeblich unfassbare 3 Milliarden Dollar. Deren Eigentümer haben jedoch abgelehnt und ich muss gestehen, ich habe sie für bekloppt gehalten.
Nun beginnt Snapchat jedoch langsam aber sicher, Facebook die Nutzer zu klauen. Immer mehr User wandern von Facebook zu Snapchat und teilen Ihr Leben und Ihre Gedanken eben über diese Plattform mit Freunden. Der eine oder andere Schreiberling prognostiziert sogar, dass Snapchat der Killer von Facebook sei – und zwar schon bald. Wenn Zuckerberg das Ende 2013 schon ahnte, ist die horrende Summe erklärbar.
Was aber macht diese Plattform zu einem derartigen Konkurrenten? Was kann man seinen Nutzern mehr bieten als Facebook? Das weltweit erfolgreichste soziale Netzwerk hat Spiele, Chats, merkt sich alles und ich kann mein ganzes Leben bequem in die Timeline hineinstellen. Was mehr als Unterhaltung und das „gesamte digitale Leben“ könnte man dem User denn bieten? Facebook ist das volle Paket, die XXL-Autowäsche mit Unterbodenschutz und Glanzpolitur quasi.
Fragen wir doch mal anders herum: Warum gibt es Menschen, die Facebook gar nicht nutzen? Die Antwort ist meist eindeutig: „Weil es nichts vergisst und was dort einmal eingestellt wurde, immer da sein wird. Und das will ich nicht.“ Es folgt die Horrorvorstellung von Personalabteilungen, die Bewerber ablehnen, weil es uralte Partyfotos auf Facebook gibt.
Wenn man sich weitergehend fragt, wie man sein aktuelles Leben im Web allen mitteilen kann, ohne dabei in zwei, drei Jahren immer noch mit dann unangenehmen Dingen konfrontiert zu werden, dann ist die Antwort ganz einfach: Man erfindet ein soziales Netzwerk wie Facebook, das aber alle eingestellten Informationen automatisch irgendwann „vergisst“ – und nennt das ganze dann Snapchat.
Und das ist passiert. Wer bei Snapchat Daten, Meinungen oder Bilder einstellt, der kann sicher sein, dass all das nach einer gewünschten Zeit von Snapchat nicht mehr angezeigt wird*. Dass das Vergessen kein Nachteil sein muss, liegt daran, dass fast niemand wissen will, was ich am 12.März 2007 gemacht habe. Alte Sachen liest kein Mensch mehr – das digitale Leben findet im Jetzt und Hier statt. Kurzum: Snapchat ist also fast wie Facebook, nur besser, weil es vergessen kann. Oder wie man in Thailand so treffend sagen würde: „Snapchat is same same – but different.“
* was jedoch kein Schutz dagegen ist, dass ein Dritter eine Kopie dieser Daten
abspeichert, solange sie auf Snapchat noch zu sehen sind!