Schon im Mai letzten Jahres habe ich mal geschrieben, dass die Blockchain-Technologie in vielen Bereichen unseres Lebens spannende und vor allen Dingen hilfreiche Neuerungen bringen wird. Als Beispiel habe ich beschrieben, dass dem Betrug von zurückgedrehten Kilometerständen damit der Garaus gemacht werden könnte. Denn mit der Blockchain-Technologie wüsste jeder, wie viele Kilometer ein Auto wirklich hat.
Und das geht so: Jedes Auto sendet einfach bei jedem gefahrenen Kilometer seinen Tachostand an eine Datenbank. Dort steht aber nicht nur der aktuelle Wert, sondern jede gemeldete Zahl mit Datum und Uhrzeit. Hat ein Fahrzeug 71.422km auf dem Buckel, finden sich also 71.422 Einträge in der Datenbank. Und die kann jeder Bürger abrufen. Da diese Datenbank nicht im Auto sondern „im Internet“ steht, kann auch keiner heimlich einen Wert verändern oder löschen.
Und wenn dann ein windiger Gebrauchtwagenhändler den Tacho zurückdrehen würde … dann hätte er Pech gehabt, weil der Käufer ja sofort merkt, dass die Schrottkarre mit 47.351km auf dem Tacho eigentlich 24.071km mehr auf den Felgen hat. Ein ganz simpler Blick in die Blockchain-Kilometerstands-App genügt!
Anstatt aber jetzt mal eine echte digitale Revolution einzuläuten und die Blockchain-Technik in die Autos bauen zu lassen, setzt die EU auf eine Blockchain Light. Nein, eher auf Blockchain Zero. Ach was sage ich … bei genauerer Betrachtung ist das sogar Blockchain Zero, koffeinfrei und mit rausgeschüttelter Kohlensäure.
Laut einem verabschiedeten Bericht will das EU-Parlament, dass Werkstätten bei jedem Werkstattbesuch den Kilometerstand der Fahrzeuge auf ihren Hebebühnen melden. Und zwar an Datenbanken der EU. An Datenbanken, die europaweit abrufbar sind. Damit würde es dem Betrug am Gebrauchtwagen an den Kragen gehen. Denn, so steht es in dem Bericht, es entsteht uns Verbrauchern durch gefälschte Tachos ein Schaden zwischen 5,6 bis 9,6 Milliarden Euro.
Das wäre zwar also dann auch fast wie eine Blockchain, bloß halt „per Hand“. Fairerweise muss man sagen, dass die EU das möchte, weil die Durchschnittslebensdauer eines Fahrzeugs 7-11 Jahre beträgt und für ältere Modelle keine nachrüstbare, automatisierte Lösung angeboten wird. Flächendeckend stünden die Daten somit also erst in 7-11 Jahren zur Verfügung – daher die Lösung mit den Werkstätten.
Aber: Ich finde es aber geradezu absurd, dass jetzt unsere KFZ-Mechaniker ein Problem lösen sollen, das eigentlich Andere lösen müssten. Denn ganz unabhängig davon, ob die Tachostände in eine echte oder eine falsche Blockchain gemeldet werden, das Problem liegt doch eigentlich bei den Autoherstellern. Die bauen schon seit Jahren Autos, deren Fahrassistenzsysteme in der Spur bleiben, den Abstand halten, vor Hindernissen bremsen und weitgehend selbständig fahren können. Aber einen Tacho bauen, den ein schmieriger Gebrauchtwagenhändler mit der Bohrmaschine nicht mehr zurückdrehen kann, das schaffen sie offenbar noch nicht.
Bildnachweis: LoggaWiggler (Tacho) und WolfBlur (Hebebühne) via Pixabay