Eigentlich war ich überzeugt davon, dass das lineare Fernsehen in den kommenden Jahren ausstirbt. Das „lineare Fernsehen“ sind die normalen TV Sender, die wir über Antenne, Kabel oder Satellit empfangen, als ARD, ZDF, RTL, Sat.1 und all die anderen Vollprogramm- sowie Spartensender. Ich dachte, die machen bald dicht und schließen ab.
In Zeiten der Digitalisierung sind diese Fernsehanstalten nämlich maximal unflexibel. Die Lieblingssendung kommt nur an einem festen Termin, Samstag Abend 20:15 zum Beispiel. Wer da keine Zeit hat, hat erst einmal Pech. Außerdem kann ich das nur zu Hause schauen, da wo mein Fernseher steht.
Wie angenehm sind da die Streaming-Services wie Netflix & Co. Schauen, wann man will. Schauen, wo man will. Pause machen, wann man will. Weiterschauen, wann man will. Und auch schauen, was man will. Dank tausender Filme und Serien, die jederzeit abrufbar sind. Auf dem Computer, dem Laptop, dem Tablet und dem Handy. Selbst auf halbwegs modernen Fernsehern laufen die Apps der Streamingdienste. Und im schlimmsten Fall muss halt ein 30€ Adapter wie Chromecast den Stream auf das TV-Gerät bringen. Nur Vorteile also! Dagegen sieht das lineare Fernsehen aus wie das Musikantenstadl (noch vor Karl Moik).
Allerdings ziehen am Horizont düstere Zeiten auf, die ich mal an einem anderen Beispiel erklären möchte: dem Fußball. Früher konnte ich mit einem Sky-Abo alle Fußballspiele der Bundesliga, der Champions-League und des DFB-Pokals ansehen. Heute zeigt Sky nicht mehr alle Spiele. Ich benötige für die Freitagsspiele ein zusätzliches Abo von Eurosport. Dazu ein DAZN Abo für Teile der Champions League. Und wenn ich die Spiele der deutschen Nationalmannschaft auf meinem Super-TV auch scharf in HD sehen, will, geht ohne Freenet-Abo (welch absurder Name eines Pay-TV-Modells!) auch nichts mehr.
Das gleiche Schicksal ereilt nun auch die Streamingdienste. Sie sind zu lukrativ, um da nicht mitzumischen. Also poppt ein Streamer nach dem anderen aus dem Boden und lockt mit besten Serien. Und das hat Konsequenzen für uns Nutzer. Wer die aktuellen Folgen Game of Thrones schauen will, braucht Sky (Go). Wer House of Cards schauen will, braucht Netflix. Wer Hanna schauen will, braucht Amazon Prime. Wer Handmaids Tale schauen will, braucht Hulu. Und dann gibt es ja auch noch Maxdome für den neuen Tom Cruise. Und jeder von den ganzen Streaming-Diensten will monatlich Geld von mir. Seit letzter Woche mischt nun auch noch Apple mit einem weiteren Streamingdienst mit (nennt sich TV Plus). Der kostet natürlich auch wieder extra.
Ich bin doch nicht bescheuert und schließe sieben Abos ab! Ich will einmal zahlen und Alles haben. Ich will meinen Thomas Gottschalk wieder … Samstag Abend, 20:15 im ZDF. Und die nachfolgenden Sendungen verschieben sich um ca. 2 Stunden.
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Das ist moderne Marktwirtschaft. Wenn´s keiner kucken und dafür zahlen würde, würde es diese Modelle auch nicht geben. Für mich ist es nur eine Frage der Zeit, bis unser ganzes System kollabiert. Momentan versucht jeder nur noch Geld abzugreifen, egal wo und von wem. Von SOZIALER Marktwirtschaft ist das meilenweit entfernt.
Mein persönliches Problem ist beim Fernsehen, unabhängig ob Linear-Fernsehen, DVD-Video oder Stream, dass ich dazu keine Zeit habe. Beruflich muss ich schon viel sitzen, dann will ich nicht noch im Privatleben vor dem Bildschirm verbringen. Zur Unterhaltung höre ich lieber Podcasts beim Spaziergang.
Aus meiner Sicht ist der Faktor Zeit für die Mediennutzung begrenzend.