Wenn in England Schülerinnen und Schüler auf den Schulbus warten, dann könnte man meinen, dass ein Sportverein zu einem Auswärtsspiel fährt. Alle Kinder und Jugendlichen sind einheitlich gekleidet.
Gut, es handelt sich nicht um Trikots und die einen tragen Rock, andere Hosen. Aber die blaue Farbe, der Schnitt und das Muster sind gleich. In England trägt man auch heute noch Schuluniformen, die so aussehen, als ob sich die Designer am Bühnenoutfit des AC/DC Gitarristen Angus Young orientiert hätten.
Es gibt natürlich Diskussionen über die Sinnhaftigkeit von identischer Kleidung und aufgezwungener Uniformen, wie sie in UK getragen werden. Der Einheitslook soll das Gemeinschaftsgefühl stärken und vor allen Dingen soziale Ungerechtigkeiten überspielen. Weil sich Kinder schlecht fühlen, die sich nur Kleidung von kik leisten können, während andere sich ins Hermès-Tüchlein schnäuzen. Kritiker wiederum sagen, dass die gleiche Kleidung die Individualität hemmt und somit der persönlichen Entwicklung von Jugendlichen schadet.
Auch wenn die Kleiderordnung unterschiedlich ist, etwas anderes ist an den britischen Bushaltestellen völlig identisch mit denen in Deutschland, Frankreich, Spanien, Italien oder Österreich. Die wenigsten Kinder, die auf den Bus in die Lernanstalt warten, quatschen, feixen oder toben umher. Fast alle starren nur in ihr Smartphone.
Österreichische Schüler werden das bald noch viel intensiver machen müssen. Wenn sie vor dem Unterricht noch schnell WhatsApp oder TikTok checken wollen, müssen sie das vor dem Erreichen des Schulhofs machen müssen. Denn schon in naher Zukunft werden sie nach dem Aussteigen aus dem Schulbus ihr Smartphone wegsperren oder ausschalten müssen. Die Alpenrepublik plant nämlich ein landesweites Handyverbot an Schulen, so Bildungsminister Christoph Wiederkehr. Durch das Verbot soll gerade in den Pausen der Kontakt unter den Kindern verstärkt und intensiviert werden. Ins gleiche Horn stoßen Hessen und Baden-Württemberg. In Hessen sind ab Sommer Handys in Grundschulen strikt verboten, wobei Ausnahmen z.B. für die Oberstufe in bestimmten Räumen vorgesehen sind. Auch wenn noch keine Details bekannt sind, so plant Baden-Württembergs Bildungsministerin Theresa Schopper ebenfalls eine schulgesetzliche Regelung mit klaren Leitplanken für die private Nutzung von Handys an Schulen.
Die Gründe für ein Handyverbot an Schulen sind übrigens total nachvollziehbar. Die negativen Einflüsse von Smartphones sind inzwischen in dutzenden Studien ausreichend belegt. Baden-Württembergs Bildungsministerin nennt negative Folgen für die Konzentrationsfähigkeit, das Lernvermögen, die mentale Gesundheit sowie Cybermobbing und emotionale Vereinsamung. In Österreich sind die Gründe ähnlich. Eine intensive Nutzung, so erklärt ein Experte der Medizinischen Universität in Wien, führt nachweislich zu Gereiztheit, Schlafstörungen, depressiven Verstimmungen und Zwangsverhalten.
Hmm … Verstimmung, mentale Probleme, Gereiztheit und Zwangsverhalten … wenn ich da an meine Schulzeit denke, dann müsste das Handyverbot an Schulen eigentlich für die Lehrer gelten.
Mein Sohn besucht in Berlin die 6. Klasse und darf sein Handy natürlich NICHT in der Schule nutzen. Schon seit der Einschulung nicht und natürlich auch nicht in den Pausen und es drohte auch immer schon die Wegnahme des Gerätes. Das regelt die Schulordnung.
Mein Vater ist Lehrer in Hessen und mein Bruder Lehrer in NRW – und auch hier gilt: Keine Handys in der Schule. Immer schon. Laut Schulordnung.
Ich gehe davon aus, das gilt auch in vielen anderen Bundesländern. Man kann von Lehrern ja halten was man will, aber so ganz lebensfremd sind die ja nicht – im Gegensatz anscheinend zu den Bildungsministerien (und zur BILD Zeitung, die so mal wieder einen neuen Aufreger produziert…)
Glaubt wirklich irgendjemand, die Kinder sitzen auf dem Schulhof und zocken – und seit Jahren tut niemand was dagegen?!
P.S. Über die Zustände an österreichischen Schulen kann ich nichts sagen. ;-)
Bin zwar absolut kein Freund von Handys an Schulen, aber wenn ich die Begründungen lese, dann erinnert mich das irgendwie an die Indizierungs-Begründung vom Atari-Klassiker „River Raid“ von 1984: „Bei [] Jugendlichen führt das Bespielen von „River Raid“ zu physischer Verkrampfung, Ärger, Aggressivität, Fahrigkeit im Denken, Konzentrationsschwierigkeiten, Kopfschmerzen u. a.“