NICHTS IST ZU TEUER

Als es noch Telegramme gab, waren verkürzte Schreibweisen sinnvoll. Anstelle „Ich komme am Donnerstag um 15 Uhr an.“ schrieb man „Ankomme Donnerstag 15 Uhr!“. Der Grund ist einfach. Beim Telegrafieren wurde nach Anzahl der versendeten Wörter bezahlt und so sparte man die Hälfte und übersendete inhaltlich trotzdem alle Informationen.

Der Geschäftsmann E.L. Bentley kam um 1920 auf die tolle Idee, eine Art Codebuch herauszugeben, das „Bentleys Complete Phrase Book“. In ihm fanden sich tausende Sätze, die im beruflichen Alltag häufig genutzt wurden, Sätze wie „Bestellung umgehend telegrafisch bestätigen“ waren alphabetisch aufgelistet und daneben standen Buchstabenkombinationen wie DAYBZCSCO. Im zweiten Teil des Buches fand sich das Ganze andersherum. Hier waren die Buchstabenkombinationen alphabetisch aufgelistet und dahinter stand ihre Bedeutung als ganzer Satz.

#Der Versender einer Nachricht brauchte so nur DAYBZCSCO zu telegrafieren und zu bezahlen. Der Empfänger, der das gleiche Buch hatte, konnte die Abkürzung dann in ihre Bedeutung übersetzen. Bentley sparte seinen Kunden mit den Abkürzungen eine Menge Geld.

Ein ähnliches Phänomen des Abkürzens findet man heute auch bei den Messenger-Diensten wie WhatsApp. Statt „Oh mein Gott“ (bzw „Oh my god“) wird z.B. nur OMG geschrieben. Nicht aus Kostengründen, sondern eher aus Zeitgründen, weil sich das so einfach schneller tippt. Auch auf Satzzeichen wird heute immer öfter verzichtet. Das ist aber nicht unbedingt schlecht. Eine Schweizer Sprachwissenschaftlerin fand 2015 heraus, dass Satzzeichen wie Punkt oder Ausrufezeichen eher hart wirken und oft zu Missverständnissen führen. Sie empfahl stattdessen lieber einen passenden Smiley zu verwenden, der das geschriebene sinnhaft unterstreicht. Die Idee ist gut, schließlich sind gerade kurze Botschaften, oftmals doppeldeutig zu verstehen.

Der Legende nach wurde aus diesem Grund auch das Wort STOP in Telegrammen verwendet. Das Wort STOP zählte nicht und wurde daher nicht berechnet. Man konnte es somit als Satztrennung wie Punkt oder Komma verwenden. Ursache für die Einführung waren wohl fehlerhafte Interpretationen von Befehlen während des Ersten Weltkriegs.

Viel spannender finde ich als Ursache für die Einführung von STOP in Telegrammen hingegen den angeblichen Fall eines Mannes aus den USA. Seine Frau telegrafierte sinngemäß aus Paris, ob sie eine Perlenkette oder einen Diamantring kaufen könne. Ihr Mann antwortete „NICHTS IST ZU TEUER“ und machte seiner Gattin damit eine große Freude. Was sie nicht wusste, ist, dass ihr Mann aufgrund schlechter Geschäfte aktuell sogar bei den Gebühren für Telegramme sparen musste. Er verzichtete daher im Text auf den Punkt nach dem Wort „NICHTS“ – und zahlte letztlich kräftig drauf.


Bildnachweis: (c) Tobias Schrödel via cryptobooks.org

8 Kommentare zu “NICHTS IST ZU TEUER

  1. Sagte der Märtyrer zum Inquisitionisten:
    „Ich glaube es, hackt!“
    Sodann schritt der Henker mit dem Hackebeil zur Tat …

  2. Derartige Code-Bücher sind bereits lange vorher im militärischen und diplomatischen Bereich eingesetzt worden. Insofern könnte Bentley das Konzept vielleicht im Krige erlebt und anschliessend popularisiert haben.

    • Ja, das stimmt, Danke für die Einordnung. Auch Eisenbahnschaffner in Frankreich und Italien bekamen derartige Büchlein schon um die Jahrhundertwende mit. Bentley hat daraus aber ein erfolgreiches Geschäftsmodell gemacht und war m.W. der „Duden“ unter den Codebüchern.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

*

*

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.