Die Lufthansa hat einen Marktwert von rund 9,5 Milliarden Euro. Wer das hinblättern kann, bekommt nach heutigem Stand fast 650 tip-top gewartete Flugzeuge in allen Größen. Dazu gibt es hunderte gut ausgebildete Piloten und noch ein paar tausend bildhübscher Stewardessen sowie einfühlsame Stewards. Facebook hat beim Erwerb von WhatsApp das Doppelte bezahlt, und zwar für 55 Systemadministratoren in fleckigen T-Shirts und eine Handvoll Server. Für diese 19 Milliarden Euro Fehlinvestition bekam Facebook zumindest noch die Daten von 450 Millionen WhatsApp Nutzern dazu – unter anderem meine.
Nicht mit mir, habe ich mir gedacht! WhatsApp lässt sich kinderleicht löschen und mit einem Klick werden – so versichert der in seiner Kindheit von einem Überwachungsstaat gegängelte WhatsApp Gründer – alle Daten und Chatverläufe auch wirklich vernichtet. Gesagt, getan. Zum Glück gibt es ja Alternativen zum Chatten. Neben Viber, ChatMe und noch einigen anderen mehr oder weniger unbekannten Apps stechen zwei aus der Menge hervor, die aktuell die Downloadcharts in fast allen Ländern anführen: das kostenlose telegram und das kostenpflichtige Threema.
Telegram wurde vom russischen Facebook-Pendant vk.com in den USA entwickelt und speichert die Daten in einer amerikanischen Cloud – wahrlich wenig vertrauenserweckend, wie wir nicht erst seit Edward Snowden in Amerika und überwachten Olympia-Gegnern in Russland wissen . Threema hingegen kostet einmalig etwa so viel wie eine Tüte frischer Atem an der Tanke, verschlüsselt dafür aber die Daten so stark, dass der Textinhalt einer eingehenden Nachricht nicht mal auf dem Homebildschirm in einer Vorschau angezeigt werden kann. Auch wenn Threema seine Server in der Schweiz mit sauberer Luft kühlt, verweigert das Unternehmen die Veröffentlichung des eingesetzten Verschlüsselungsalgorithmus. Auch Blackberry wird deswegen seit Jahren kritisiert, denn das widerspricht dem Kerckhoff’schen Prinzip über die Sicherheit einer Verschlüsselung. Dieses besagt schon seit 1883, dass es bei Verschlüsselungen ausreichen muss, den Schlüssel geheim zu halten und nicht den verwendeten Algorithmus.
Ich habe trotzdem beide Programme ausprobiert. Mir war klar, dass sich diejenige App durchsetzen würde, die die meisten anderen Menschen auch nutzen. WhatsApp hat auch nur deshalb funktioniert, weil irgendwie alle dort waren. Die Vorfreude war also groß und schon während der Installation fand ich bei Threema bereits acht meiner knapp zweihundert Kontakte vor und bei telegram drei. Heute – eine Woche später – sind es in Summe 15 Personen, mit denen ich chatten kann. Das sind weniger als 10% meiner Kontakte. Der Rest ist immer noch bei WhatsApp zu finden – nur ich nicht. Wer mich jetzt erreichen will, muss mir eine altmodische SMS schicken. Und das nur wegen meiner Fehlinvestition von 1,79 Euro.
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