Stellen Sie sich vor, jemand bestellt sich 30.000 neue Autos. Nagelneu, mit glänzendem Lack, frischem TÜV und jeder Menge PS. Nur dumm, dass sie alle noch mit Kassettenradio ausgestattet sind, mit manueller Schaltung, ohne automatische Fensterheber, ohne Navi – und ohne Klimaanlage. Willkommen bei DEFRA, dem britischen Ministerium für Umwelt, Ernährung und ländliche Angelegenheiten.
Was die britische Behörde gemacht hat, klingt im ersten Moment wie Fortschritt: Alte Windows-7-Laptops raus, neue Rechner rein. Doch bei der Wahl des Betriebssystems hat man sich für Windows 10 entschieden – zu einem Zeitpunkt, an dem Microsoft den Support dafür bereits eingestellt hat. Der reguläre Support für Windows 10 endete am 14. Oktober 2025. Das war nicht plötzlich, nicht überraschend und nicht geheim. Es stand in jedem IT-Kalender dieser Welt – fett markiert. Und doch wurden die Geräte genau zu diesem Zeitpunkt mit Windows 10 ausgeliefert. Neue Hardware, veraltetes Betriebssystem – das ist in der IT ungefähr so sinnvoll wie ein wasserfester Toaster.
Und die Begründung? Für Windows 10 hatte sich das Ministerium entschieden, weil es damit die beste Kompatibilität für alte Softwareanwendungen sieht, die dessen Mitarbeiter tagtäglich nutzen. Ein Upgrade auf Windows 11 sei deshalb im Moment nicht geplant.
Weil Windows 10 nun keinen kostenlosen Support mehr bekommt, muss DEFRA wohl oder übel das kostenpflichtige Extended Security Update Programm buchen, um zumindest Sicherheitslücken geschlossen zu bekommen. Für umgerechnet etwa 70 Euro pro Gerät und Jahr. Macht schlappe zwei Millionen Euro jährlich – nur dafür, dass das »neue« System nicht sofort wieder zur tickenden Zeitbombe wird.
Natürlich ist es in Behörden nicht unüblich, dass Ausschreibungen, Lieferungen und Inbetriebnahmen nicht ganz synchron laufen. Aber spätestens bei der Abnahme hätte jemandem auffallen können: Moment mal, das ist doch … alt?.
Die Sache bei DEFRA ist kein Skandal. Sie ist leider nur ein weiteres Beispiel dafür, wie digitale Modernisierung ohne Strategie schnell zur digitalen Nostalgie wird. Denn neue Rechner allein sind keine Lösung, wenn das System darauf schon mit einem Bein im Archiv steht.
Am Ende bleibt: 30.000 neue Rechner – und trotzdem ein Schritt zurück. Vielleicht sollten die Entscheider beim nächsten Mal nicht nur auf Gigahertz und Gigabyte schauen – sondern auch auf das, was zwischen den Updates steht: der gesunde Menschenverstand. Oder wie man in der IT sagt: Alles aktualisiert, außer die Realität.
Auch in Deutschland: die Sache mit den nicht passenden Funkgeräten bei der Bundeswehr oder den veralteten Rechnern beim Flughafen in Berlin, das ist auch ne Lachplatte
Ein Paradebeispiel für ausgeprägte Inkompetenz oder Ignoranz. Leider sind derartige Denkmuster und -strukturen auch in deutschen Landen mit zunehmender Intensität vorhanden. Fehlende Kompetenz und mangelndes Fachwissen, dafür aber ganz viel Meinung führt bereits seit Jahren dazu, dass Deutschland immer schneller auf den Abgrund zusteuert. Wir sind auf dem besten Weg in Richtung Entwicklungsland.
Für Entscheider die derartige Fehler machen, darf es kein nächstes Mal geben. Auch für Politiker und Staatsbedienstete muss zwingend eine persönliche Haftung für Fehler eingeführt werden. In einem Privatunternehmen sind Fehlentscheidungen entweder mit dem Verlust des Unternehmens und / oder mit einem verpflichtenden Besuch bei der Judikative verbunden. Als politischer Entscheider oder in Staatskonzernen, darf man Millionen an Steuergeldern verschwenden, ohne dafür persönlich belangt werden zu können.
*Natürlich ist es in Behörden nicht unüblich, dass Ausschreibungen, Lieferungen und Inbetriebnahmen nicht ganz synchron laufen. Aber spätestens bei der Abnahme hätte jemandem auffallen können: Moment mal, das ist doch … alt?.*
Ausschreibungen laufen teilweise über Monate bis Jahre und irgendwann wird dann bestellt.
Für die Abnahme ist dann aber nur relevant, was in der Ausschreibung gefordert wurde. Dass die Welt sich in der Zeit weitergedreht hat, ist dann egal.