Schwebendes Verfahren

Kann man in der Schwerelosigkeit überhaupt ein schweres Verbrechen verüben? Genau das ist offenbar gerade passiert. Anne McClain ist NASA-Astronautin und war das erste Halbjahr dieses Jahres auf der ISS. Ihr wird nun vorgeworfen, von dort oben, unerlaubt auf das Online-Banking-Konto ihrer Partnerin zugegriffen zu haben. Stimmt das, dann wäre das erste Verbrechen im Weltall doch tatsächlich ein Cybercrime!

Anne McClain heiratete vor vier Jahren Summer Worden, mit der sie einen 4-jährigen Sohn großzieht. Wie das bei Ehen aber manchmal so ist, sie gehen in die Brüche und die zwei Frauen kämpfen nun beide einen Rosenkrieg um das Sorgerecht. Die Astronautin wirft ihrer Ex u.a. vor, nicht mit Geld umgehen zu können.

Aus Sorge – so hat sie das Ermittlern gegenüber eingeräumt – griff sie daher während des Aufenthalts im All auf das Bankkonto von Summer Worden zu und prüfte den Kontostand. Dazu nutzte sie das ihr von früher bekannte Passwort und die Tatsache, dass die ISS permanent mit dem Internet verbunden ist. Die Raumfahrer dürfen in ihrer Freizeit nämlich surfen und chatten – wenn auch nur zu vorgegebenen Zeiten.

Nun ist Anne McClain sicherlich keine dumme Frau. Mit normalem IQ besteht man das Auswahlverfahren bei der NASA sicher nicht. Anne McClain war sogar ausgewählt worden, am ersten ausschließlich von Frauen durchgeführten Außeneinsatz der ISS teilzunehmen. Dieser fand übrigen nur deshalb nicht statt, weil – ich konnte es kaum glauben – es nicht genug Raumanzüge für Frauen gibt. Eine Dummheit war ihre Tat aber in jedem Fall.

Nun stellt sich mir die Frage, welche Rechtsprechung wohl auf der Internationalen Raumstation gilt und musste sofort an einen Vortrag des deutschen Astronauten Ulrich Walter denken, den ich vor vielen Jahren gesehen hatte. Er berichtete sinngemäß davon, dass er für seinen Flug im Space Shuttle eine Reisekostenabrechnung seines deutschen Ministeriums auszufüllen hatte. Viel bekam er aber nicht, weil er ja „nur mitgeflogen“ sei und er auch kein „Ticket“ bezahlt hatte. Zumindest erstattete man ihm – so erinnere ich mich an diese Anekdote – aber ein paar Cent Kilometergeld. Leider nicht für die zigfachen Erdumrundungen, sondern nur für die Fahrt vom NASA Space Center zur Startrampe – unmittelbar vor dem Abschuss ins All.

Wäre ich Jura-Student und hätte bald mündliche Prüfung, dann wäre ich aber ganz sicher vorbereitet auf die Frage nach den juristischen Zuständigkeiten im Weltall. Aber Vorsicht! Auch wenn es so aussieht, ein „schwebendes Verfahren“ ist etwas völlig Anderes.

4 Kommentare zu “Schwebendes Verfahren

  1. „Nun stellt sich mir die Frage, welche Rechtsprechung wohl auf der Internationalen Raumstation gilt“

    Die Frage wurde bereits 1998 geklärt. Es gilt das Recht des entsprechenden Staates, der das Modul betreibt. Im US-Teil gilt also US Recht, im russischen Teil russisches Recht. Nur im europäischen Teil ist es etwas komplizierter. Da die ESA kein Staat ist, gilt hier für jenen Astronauten sein Landesrecht.

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