Schrei mich bitte nett an

Am 5. August 1966 veröffentlichten die Beatles ihr siebtes Studioalbum: »Revolver«. Die Scheibe brachte damals den halben Globus zum Kreischen und Hits wie »Eleanor Rigby« oder »Yellow Submarine« hervor. Wie auch bei den Alben zuvor legten Lennon, McCartney, Harrison und Starr bei der Abmischung von »Revolver« primär das Augenmerk auf die Mono-Version. Stereosound spielte noch keine große Rolle, auch wenn in Deutschland ausschließlich die Stereo-Version des Albums vertrieben wurde.

Und so eine Stereo-Abmischung war auch gar nicht so einfach zu mischen. Denn: die Aufnahmen im Studio wurden auf Tonbandgeräten aufgezeichnet, die mehrere Spuren hatten. Da aber meistens mehr Instrumente und Stimmen im Studio waren als Spuren auf dem Tonband, mussten einige Instrumente zusammengelegt werden. Mehrere Instrumente oder zwei Sänger wurden also auf einer einzelnen Tonbandspur aufgenommen.

Wollte man das Album dann in Stereo abmischen, hatte man ein Problem. Die »untrennbar« auf einer Spur liegenden Instrumente waren immer gleich laut. Und lagen Bass und Schlagzeug auf einer Spur und man wollte in der Stereo-Fassung den Bass nur links haben, dann war auch das Schlagzeug nur links zu hören – was sich beim Rhythmusgeber fürchterlich anhört. Mehrere (bekannte) Toningenieure haben sich zwischen 1987 und 2012 an Re-Mixen des Albums in Stereo versucht – mal mit mehr, mal mit weniger gutem Erfolg.

Doch seit Kurzem ist alles anders. Vor zwei Jahren hat sich eine Soundcrew aus Neuseeland an dem Beatles-Album von 1966 versucht. Nicht irgendeine Soundcrew, sondern die Soundcrew von Peter Jackson. Das ist der Regisseur von »Der Herr der Ringe« und wer die Filme gesehen hat, weiß, die können Sound. Bei den Schlachten gegen die Orks wurde auch mächtig Radau gemacht.

Durch den Einsatz von KI, also Künstlicher Intelligenz, ist es ihnen gelungen, jedes Instrument der Beatles einzeln auf eine eigene Tonspur zu legen und diese in der Lautstärke einzeln zu regeln sowie in der Links-Rechts-Position frei zu faden. Die neueste Version des »Revolver«-Albums klingt daher so, als wäre jedes Instrument einzeln aufgenommen worden.

Künstliche Intelligenz ist heute in der Lage, aus einem Orchester mit dutzenden Instrumenten nur die Oboe oder die vierte Geige herauszufiltern und alle anderen Instrumente »stumm« zu schalten. Singt ein Chor, kann eine KI einzelne Stimmen herausfiltern – und sogar austauschen. Und das wird spannend. Wer keinen Bock hat, den Originalsänger zu hören, aber das Lied gut findet, der kann bald per Knopfdruck die Stimme austauschen. Von Ed Sheeran zu John Lennon oder Freddy Mercury. Von Mariah Carey zu Taylor Swift oder Marianne Rosenberg.

Nette Idee. Der Durchbruch dieser Technologie kommt spätestens dann, wenn das in Echtzeit geht und man die schreiende Stimme seines Partners durch ein freundliches Säuseln ersetzen kann, wenn man – mal wieder – den Müll nicht runtergebracht hat.

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