Das will sicher niemand gerne hören. Oder vielleicht doch? In den USA haben Forscher anhand von künstlicher Intelligenz (KI) ein System entwickelt, das den Todeszeitpunkt eines Menschen ziemlich exakt vorhersagen kann. Das funktioniert (noch?) nicht bei allen Menschen, läuft aber schon ziemlich gut bei denen, die bereits todkrank sind. Klingt absurd, ist es aber nicht.
Von etwa 2 Millionen Patienten, die zwischen 1995 und 2014 in den Universitätskliniken von Stanford behandelt wurden, suchte man die 221.284 Menschen aus, die innerhalb von drei bis zwölf Monaten nach ihrer Einlieferung gestorben sind. Mit den medizinischen Daten, die über diese Patienten vorlagen und ihrer bekannten Rest-Lebensdauer konnten die Forscher einen Algorithmus kreieren.
Ziel des Ganzen ist es, 24 Stunden nach der Einlieferung eines neuen Patienten vorhersagen zu können, wie lange die Person noch leben wird. Dazu gibt man die Daten des neuen Patienten in das System ein und vergleicht diese mit den vorliegenden Daten der bereits verstorbenen Patienten.
Dinge wie Blutwerte, Durchführung eines MRT oder das Vorliegen eines Tumors werden dabei unterschiedlich gewichtet und fließen in die Berechnung ein. Das System weiß dann: dieser Patient hat nur noch 16 Tage zu leben.
Aus Sicht einer Krankenversicherung ist das eine super Sache. Da kann man sich die ganzen kostenintensiven Lebenserhaltungsmaßnahmen sparen. Wäre doch schade, die ganze teure Medizin an einem Todgeweihten zu verschwenden, wenn der Computer weiß, dass das alles eh nix mehr bringt.
Nur, wie sagt man das dem, der da rumliegt? Oder den Angehörigen? Mal ehrlich, diese ganze BigData Analysen und Künstliche Intelligenz (KI) degradiert uns Menschen doch nur noch zu Datensätzen in einem System aus Bits und Bytes.
Die Forscher aus Stanford haben das System jedoch aus einem völlig anderen Grund gebaut. Sie wissen, dass sich etwa 80% der Amerikaner, die an einer unheilbaren Krankheit leiden, wünschen, zu Hause – also im Kreis der Familie – zu sterben. Anstatt auf der Intensivstation an Schläuchen zu hängen und dort den letzten Atemzug zu machen, können die Ärzte die vom System identifizierten Patienten nun tatsächlich für die letzten Tage nach Hause schicken – oder zumindest in eine Palliativeinrichtung überweisen. Eigentlich ist das eine wirklich gute Idee.
Ich bin trotzdem mal gespannt, wann die ersten moralbefreiten Anbieter auftauchen und das System für kommerzielle Interessen ausnutzen. Vielleicht gibt es ja schon bald Final-Parship, den WhatsNext-Messenger, LetzteReiseScout24 oder gar (Sie dürfen mitsingen!): ab-in-die-grube.
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