Ab und zu, wenn ich im Zug sitze und der eigentlich für Hochgeschwindigkeiten gebaute ICE sich mühsam den Rhein entlang schlängelt, schaue ich aus dem Fenster. Dort, auf dem Wasser treiben Frachtkähne, die voll sind mit Kies, Kohle oder Holz. Ab und zu erkenne ich achtern ein Auto. Hinten, da wo der Schiffer seine Kajüte hat steht ein Kleinwagen, von dem ich mir vorstelle, dass ihn der Kapitän nutzt, um zum Supermarkt zu fahren, wenn er anlegt.
Der Wagen ist ein Winzling im Verhältnis zum Binnenschiff, er kann keine 1.000t Erdreich befördern, sondern nur ein paar volle Plastiktüten. Trotzdem ergänzen sie sich. Mit dem Auto kann der Schiffer zwar keinen Kies befördern, mit dem Frachtkahn kommt er dafür nicht zum Discounter. Eine ganz ähnliche Symbiose von Klein und Groß findet sich in Bilddateien des JPEG Formats. Dieses Bildformat ist weltweit das am meisten verbreitetste Format für Digitalfotos. Vom Prinzip her ist JPEG ein Frachtkahn, der Bildinformationen transportiert. Und: So eine jpg-Datei hat auch so etwas wie einen Kleinwagen an Bord. Im Bild steckt nämlich noch einmal das gleiche Bild – in winzig.
Das Foto einer Digitalkamera hat locker eine Größe von fünf bis sechs MB. Doch im Gegensatz zu Computern haben Digicams nur eine schwache Rechenleistung. Um das Bild auf dem integrierten Display anzusehen, muss es vollständig geladen werden, was auf alten Geräten einfach zu lange dauert.
Deshalb findet sich in der jpg-Datei (Frachtkahn) auch noch eine Miniaturausgabe (Kleinwagen) des Fotos. Meist nur in einer miesen Auflösung von 160×120 Pixeln, also winzig klein und ohne Details im Bild. Aber: Jede noch so alte Kamera kann dieses Thumbnail ruck zuck laden. Für eine Vorschau auf den kleinen Displays reicht das dicke aus.
Thumbnail, also Daumennagel, heißen die Vorschaubilder, weil sie im Vergleich zu einem Poster lediglich so groß sind, wie der Nagel eines Daumens.
A propos Daumen. Bei den beladenen Frachtkähnen auf dem Rhein liegt die Bordwand gefühlt nur einen Daumen breit höher als die spiegelglatte Wasseroberfläche und ich wundere mich echt, dass die nicht permanent absaufen.
Bildnachweis: (c) Tobias Schrödel 2015