Vor ein paar Tagen haben mich ein paar Ex-Kollegen zum traditionellen Weißwurstfrühstück meiner ehemaligen Abteilung eingeladen. Natürlich wurde viel geredet und erzählt, man hat sich halt schon länger nicht mehr mehr gesehen. Während eines Gesprächs hörte ich vom Nachbartisch mit „halbem Ohr“ Gesprächsfetzen mit. Zwei Kollegen legen jetzt extra – also mit voller Absicht – Termine in die Mittagspause. Ich versuchte mich auf das Gespräch zu konzentrieren, schaffte das aber nicht, weil ich selber gerade jemand anderem zuhörte. Frauen können das angeblich: Zwei Gesprächen gleichzeitig lauschen. Für mich ist das ein Ding der Unmöglichkeit.
Trotzdem habe ich mich gefragt, warum sollte man Termine extra in die Mittagspause legen? Das ist fast so, wie Meetings zwischen Weihnachten und Silvester. Der Zeit zum Schreibtisch aufzuräumen, Schubladen auszumisten und Mail-Postfach säubern. Ebenso die Mittagspause: Luft holen, Nahrung aufnehmen, Kopf frei kriegen. Wieso sollte man sich Termine gerade in diese Zeit legen? Und vor allem, was sagen die anderen dazu? Die, die quasi genötigt werden an diesem Termin auch teilzunehmen? Nachdem ich mir die nächste Wurst aus der Teeküche geholt hatte, stellte ich mich zu ihnen – fragte nach und erfuhr: Die Termine, zu denen sie sich gegenseitig einladen sind Fake-Termine. Es gibt sie gar nicht. Sie sind frei erfunden und haben nur einen Zweck: Mittagspause.
Erst verstand ich nicht, aber dann wurde es klar. Ihr Arbeitstag ist derart ausgelastet, dass ihr Kalender randvoll ist. Kollegen, die dann auch noch zusätzlich etwas von ihnen wollen, sind quasi gezwungen, Conference-Calls und Meetings in die letzte freie Zeit, also in die Mittagspause zu legen. Damit meine Ex-Kollegen also selbst noch Zeit für die Kantine finden, muss es im Outlook-Kalender so aussehen, als wären sie zu der Zeit schon beschäftigt.
Das sei die Folge des Personalabbaus meinten sie … aber immer noch besser als mit dem Telefonhörer an einem Ohr an einem Conference-Call teilzunehmen – und mit Kopfhörer vom Handy an einem zweiten. Das kommt mittlerweile auch vor, sagten sie – zeitgleiche Telefonate, die sie führen müssen. Ob das zielführend ist? Wahrscheinlich kriegen sie von den Inhalten so viel mit, wie ich vorher vom Gespräch am Nachbartisch.
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