Fehler 1202 und 15 Sekunden

Vor etwa 18.250 Tagen betrat der erste Mensch den Mond. 50 Jahre ist das her. Am 21.Juli 1969 sprang Neil Armstrong in den Staub des Erdtrabanten. Stolperfrei. Dafür schaffte er es, sich beim so lange eingeübten Satz „Ein kleiner Schritt für einen Menschen, ein großer Sprung für die Menschheit“ zu verhaspeln. Was kaum jemand weiß: Ohne zwei Menschen, Margaret Hamilton und Steve Bales, wäre Neil Armstrong nie dort angekommen. Zumindest nicht an diesem geschichtsträchtigen Tag vor einem halben Jahrhundert.

Margaret Hamilton war Softwareentwicklerin am Charles Stark Draper Institute des MIT. Ursprünglich wollte sie nur Geld verdienen, damit ihr Mann sein Jurastudium abschließen konnte. Aber irgendwie kam sie in die Gruppe, die den Computer der Mondlandefähre „Eagle“ von Apollo 11 entwickelte. Als Programmiererin war sie Handlanger der Ingenieure, damals nahezu ausnahmslos Männer. Sie hatte das in Maschinensprache zu übersetzen, was die Ingenieure ihr vorgaben.

Eigenes Denken war unerwünscht. Trotzdem setzte sich Hamilton in einem wichtigen Punkt durch. Sie programmierte den AGC, den Apollo Guidance Computer, der die Landung von „Eagle“ durchführen sollte so, dass er selbst entscheiden durfte, welche Berechnungen wichtiger waren als andere. Sie wusste damals nicht, dass sie einen jungen Mann dadurch in die wohl schlimmste Situation seines Lebens bringen würde.

Steve Bales war Raumfahrt-Ingenieur und während der Landung auf dem Mond im Kontrollzentrum in Houston, Texas dafür verantwortlich, das Verhalten des Bordcomputers zu beurteilen. Als Neil Armstrong und Buzz Aldrin im 15 Tonnen schweren „Eagle“ auf die Mondoberfläche zusteuerten, quäkte der Bordcomputer plötzlich „Fehler 1202“.

Armstrong fragte per Funk, was das bedeute und ob er die Landung abbrechen solle. Flugdirektor Eugene Kranz gab Steve Bales ganze 15 Sekunden Zeit, die Antwort zu liefern. Ist „Fehler 1202“ ein Grund, die 25 Milliarden Dollar Mission der Mondlandung abzubrechen? Lag Bales in seiner Entscheidung falsch, würde er entweder zwei Astronauten töten oder sein Land gegenüber der Sowjetunion der Lächerlichkeit Preis geben.

Kurz vor Ablauf der 15 Sekunden schrie Bales ein lautes „GO!“ ins Kontrollzentrum. „Fehler 1202“ kam von Margaret Hamilton. Der Bordcomputer teilte mit, dass er (vom Radar) viel zu viele Daten erhielt, überlastet ist und selbst entschieden hat, diese zu ignorieren. Stattdessen würde er sich auf die wichtigen Berechnungen für die Landung konzentrieren. Jeder andere Computer wäre damals abgestürzt … und mit ihm die Mondlandefähre „Eagle“ samt Armstrong und Aldrin. Ohne Margaret Hamilton und Steve Bales sähe die Geschichte der Raumfahrt heute anders aus.


Bildnachweis: NASA

Über Margaret Hamilton und Steve Bales habe ich kürzlich einen etwas längeren Text mit mehr Details verfasst. Margaret Hamilton hat auch ein Kapitel in meinem neuen Buch erhalten.

Ein Kommentar zu “Fehler 1202 und 15 Sekunden

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