Mobilfunk für Millionen

Am 03.September 1999 war es so weit. Günter Jauch begrüßte zur ersten Sendung von „Wer wird Millionär“. Mittlerweile sind es über 1.500 Folgen gewesen, die aus Köln-Hürth in deutsche Wohnzimmer ausgestrahlt wurden. Immer wieder kam es zu kuriosen Szenen. So hat es ein Kandidat mit falschem Namen ein zweites Mal auf den Stuhl geschafft – und wurde nachträglich disqualifiziert. Es gab Fragen, für die nur falsche Antworten angeboten wurden. Und es gab Fragen, da stimmten zwei Antworten.

Am letzten Montag ist jedoch etwas passiert, das gab es in dieser Ausprägung noch nicht. Auf dem Ratestuhl saß Frances Schoppe-Müller aus Wismar, für die es um 125.000€ ging. Die Frage lautete: „Wer eine Ausbildung bei der Bundespolizei antreten möchte, braucht auf dem letzten Schulzeugnis mindestens welche Noten?“ und Frau Schoppe-Müller hatte keine Ahnung. Zum Glück war der Telefonjoker noch übrig. Die Wahl fiel auf Bastian Zadov, einen Bekannten der Kandidatin.

Dummerweise ertönte ein schnelles tut-tut-tut-tut, als er angerufen wurde. Auch der zweite Anruf endete mit einem Besetztzeichen. Da aller guten Dinge bekanntlich drei sind, gab es einen weiteren Versuch (vermutlich mit einer Ersatznummer) und endlich klappte es mit der Verbindung. Nun ja … fast. „Ich bin die Oma.“ antwortete die Stimme am anderen Ende von Günter Jauchs Leitung. Der fragte belustigt nach, ob Bastian „noch nicht allein ans Telefon darf?“ worauf die Oma mit einem „Ich laufe mal schnell hoch, er wohnt ja hier bei mir“ das Haus absuchte. Vergebens. Bastian war nicht aufzufinden. Frau Schoppe-Müller stieg aus und ging mit 64.000€ statt möglichen 125.000€ nach Hause.

Einer großen Boulevardzeitung erklärte der vermisste Bastian, dass er extra zu seinen Eltern gegangen ist, weil dort der Empfang besser ist, als bei der Oma. Anscheinend doch nicht. Als seine Frau ihn (vermutlich über Festnetz) dann bei den Eltern erreichte, rannte Bastian los, kam aber letztlich zu spät für Jauchs Anruf. Bastian Zadov hätte die Antwort auf die Frage eh nicht gewusst. Und laut diversen Medien ist die Kandidatin auch nicht sauer und freut sich über ihren Gewinn.

Wenn Sie sich jetzt fragen, warum ich diese Boulevard-Geschichte hier so ausführlich nacherzähle wie es bereits mehrere Print- und Online-Medien gemacht habe? Na ja, weil es absurd ist. Für alle Medien hat die Geschichte hier aufgehört. Worüber niemand geschrieben hat, ist der Skandal, dass es in Deutschland immer noch bewohnte (!) Gebiete gibt, in denen Menschen schlecht oder gar nicht zu erreichen sind. Selbst dann nicht, wenn Günter Jauch anruft.

In Estland wäre Frau Schoppe-Müller das jedenfalls nicht passiert. In Estland gibt es an jedem Milchkännchen Handyempfang und mobiles Internet. Mit der Million hätte es aber auch dort nicht funktioniert. Denn in Estland gibt es zwar Empfang, aber kein „Wer wird Millionär“.

4 Kommentare zu “Mobilfunk für Millionen

  1. Das gefällt mir. Wenn ich mal echt entschleunigen will und digital detox für mich ein Thema wird, mach ich Urlaub in Deutschland – Danke für den guten Tip ;-) …

  2. Wir reisen oft und gerne. Südafrika, Kolumbien, grosse Teile Europas…….Netzempfang immer und überall. Die letzte Reise ging auf diverse griechische Inseln……ich hötte keinen cent Bargeld gebraucht wenn ich nicht bewusst mal welches benutzt hätte.
    Entwicklungsland Deutschland.

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