Freude am Malen

Ganze 403 Gemälde hat Bob Ross zwischen 1983 und 1994 spät Abends im Fernsehen gemalt. Zu „The joy of painting“ bin ich dutzende Male eingeschlafen, wenn Bob mit seinem charakteristischen Lockenkopf den Pinsel schwang und Wasserfälle, Wolken, Sonnenuntergänge auf stillen Seen und Bäume (Tannen!) mit Ölfarben auf die Leinwand schmierte. Seine Bilder hatten für mich eine intensive Realität. Alles sah so echt aus.

Heute, dreißig Jahre später, hat sich in Bezug auf die Realität von Bildern viel geändert.  Computerspiele sind heute so real, dass sogar einzelne Sequenzen aus Ballerspielen immer wieder mit Aufnahmen auf den Schlachtfeldern der Ukraine verwechselt werden. Und gerade verschiebt KI – Künstliche Intelligenz – die Grenzen der Realität von Bildern und Fotos.

Vor wenigen Tagen kam eine Erweiterung für Photoshop auf den Markt, ein so genanntes Plugin. Das Teil heißt „Generatives Füllen“ und es flasht gerade alle. Von interessierten Grafiklaien (ich) bis hin zu professionellen Fotografen und Grafikern. Stellen Sie sich ein Foto vor, auf dem einer Ihrer Liebsten vor einem Baum auf einer Wiese mit Blumen steht. Das Foto ist hochkant aufgenommen, der Bilderrahmen, in den es soll, ist jedoch im Querformat oder quadratisch. Früher hat man oben oder unten einen Teil des Bildes weggeschnitten, damit es in den Rahmen passt. Es fehlten also Rumpf, Füße und meist auch der obere Teil des Baumes und der gesamte blaue Himmel.

Die Funktion „Generatives Füllen“ ändert das. Sie fügt einfach links, rechts, oben oder unten nahezu perfekt fehlende Äste, Wiese, Hintergrund und Himmel an, bis das Bild die gewünschte Größe hat. Natürlich sieht es in Wirklichkeit an dem Ort der Aufnahme ganz anders aus. Der Baum ist in Natura auch ganz anders. Das spielt aber keine Rolle – denn was die KI macht, sieht einfach unglaublich realistisch aus. Wie echt.

Der Leipziger Fotograf Martin Neuhof hat das KI-Plugin in Photoshop mal getestet. Das Beispiel oben stammt von ihm. Schaut selbst: https://twitter.com/martinneuhof/status/1661706505261809664

Und das wird vieles ändern. Den Job von Grafikern wird bald schon jedes Kind übernehmen können. Und dieses Kind wird keine Strichmännchenzeichnung abliefern, sondern fotorealistische Bilder von allem, was man sich wünscht. In Sekunden. Es genügt nämlich bald „Generiere ein Foto des Politiker xyz, der dem Industriellen abc den Hintern abwischt“ in ein Textfeld zu tippen, auf „OK“ zu klicken. Sekunden später hat man das „Beweisfoto“ – und bald auch „Beweisvideos“.

Früher galt der „Videobeweis“ als Sicherheit, dass sich etwas so zugetragen hat, wie behauptet. Heute ist das anders. Auf Bilder und Videos können wir uns nicht mehr verlassen. Das ist vorbei.

Ich halte eine Kennzeichnungspflicht von manipulierten Bildern für sinnvoll. In Norwegen müssen Werbefotos gekennzeichnet werden, bei denen Filter oder Bildretusche die abgebildeten Personen „verbessert“ haben. Politische Extreme werden sich daran auch garantiert halten …

Ich schau übrigens in echt auch nicht so aus, wie auf meinen veröffentlichten Bildern.

2 Kommentare zu “Freude am Malen

  1. Zum Glück habe ich Dich ja schon mal in „echt“gesehen und weiß das es dich gibt. Und somit der Blog nicht einer Phantasie einer KI entsprungen ist.
    Ja ist sehr interessant und erschreckend wie schnell sie die KI entwickelt und vielleicht dann doch bald zur Gefahr für die Menschheit wird.

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