Bitte lächeln

Der japanische Kamerahersteller Canon hat in seinen chinesischen Niederlassungen die bereits vorhandene Gesichtserkennung mit „Smile Recognition“ ausgestattet. Das System erkennt also, ob jemand lächelt oder eine Schnute zieht. Die Idee ist nicht neu. Diverse Digitalkameras können das schon. Sonys ILCE-6000, die A950 von General Electric aber auch die DC C1060 von BenQ sind drei Beispiele. Diese Kameras klicken automatisch, wenn das vom Sucher erfasste Gesicht ein Lächeln zeigt. Nur fröhliche Menschen auf den Bildern sind das Ergebnis. Sony schreibt in der Anleitung: „Zeigen Sie ein deutliches Lächeln mit offenem Mund. Das Lächeln wird leichter erkannt, wenn die Zähne sichtbar sind.“

Ob man in den Niederlassungen von Canon in China auch Zähne zeigen muss, oder ob ein einfaches Lächeln genügt, weiß ich nicht. Canon geht es ja auch nicht um ein schönes Erinnerungsfoto. Im Gegenteil.

Ein Sprecher von Canon China sagte gegenüber der japanischen Wirtschaftszeitung „Nikkei“, dass die Software für eine positive Atmosphäre im Betrieb sorgen soll. Daher werden Mitarbeiter, die nicht lächeln vom System gar nicht erst ins Gebäude gelassen. Und Meetingräume können von grimmig dreinschauenden Kollegen ebenfalls nicht gebucht werden.

Nun ja, eigentlich weiß man längst, dass eine erzwungene Fröhlichkeit keine wahre Freude ist. Zudem ist die permanente Überwachung einem freien Geist und psychischer Gesundheit eher abtrünnig. Das Argument einer positiven Atmosphäre zählt daher wohl eher nicht.

Was wenig Druck bewirken kann, hat mir mein ehemaliger Chef bei der Telekom (eigentlich DeTeSystem) einmal sehr deutlich vor Augen geführt. Er hat einen Kreativraum geschaffen. Neben bequemen Sesseln gab es dort eine Kaffeemaschine und große Whiteboards an den Wänden. Im Kreativraum traf man sich in entspannter Atmosphäre, wenn man seinen Koffeinpegel anheben wollte. Und beim lockeren Ratsch mit den Kolleginnen und Kollegen aus anderen Abteilungen, die sich ebenfalls mal schnell einen Kaffee holen wollten, entstanden nicht nur Problemlösungen, sondern auch Ideen für neue Produkte sowie Verbesserungen in den Prozessen zwischen den Abteilungen. Das Lächeln kam letztlich von allein. Ohne Zwang und ohne Überwachungskameras.

Ich denke, dass Freiheit Geheimnisse braucht und innovatives Denken gerade durch Wut und Ärger über ein Problem beflügelt wird. Davon bewegen wir uns mit der Überwachung von Gefühlen weg. Weltweit gibt es schon schätzungsweise rund 1 Milliarde Überwachungskameras. Etwa die Hälfte davon in China. Nicht nur bei Canon.

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