Hätten’s des g´sehen?

Schon in den Zeiten von faltbaren Landkarten und dicken, schweren Telefonbüchern hatte man einen unsichtbaren Gegner: Datendiebe! Nicht selten kam es vor, dass sich Firmen die Arbeit anderer unter den Nagel rissen, indem Sie einfach die mühsam gesammelten und akkurat zusammengetragen Daten duplizierten.

Das waren Verlage, die einfach die Einträge der Gelben Seiten abtelefonierten, um diese Firmen auch für das eigene Branchenverzeichnis zu „begeistern“. Oder können Sie sich noch an die ersten elektronischen Telefonbücher auf CD erinnern? Es gab Fälle, da haben chinesische Arbeiter die Telefonbücher der Deutschen Telekom abgetippt. Diese erschienen dann von einem anderen Anbieter auf 3 CDs für 499 Mark: Deutschland komplett. Ein riesen Geschäft für die einen, für die anderen: „schmarotzerische Leistungsausbeute“ (Originalzitat Deutsche Postreklame). Datenklau war schon immer ein Thema.

Das gleiche Problem hat aktuell gerade die Firma Genius. Sie verkauft Lyrics, also Songtexte von Liedern. Es wird ja immer beliebter mitzusingen und mitzurappen. Und das geht deutlich besser, wenn man weiß, was man singen muss. Also braucht man Genius, die einem die Texte wie beim Karaoke gleich in den Musikplayer einblenden. Machen wir uns nichts vor … so wie manche nuscheln … da versteht man ja gar nix. Wie soll man da sonst mitsingen? „Yeah Baby, I am hmmmmmmmhmmhmmmm and you are so hmmhmmmhmmmmmmm yeah!“ Genius hat deshalb teure Verträge mit Plattenfirmen abgeschlossen und bezieht die Texte direkt von der Quelle. Einziges Problem: Google zeigt auch Songtexte an. Umsonst. Da muss niemand bezahlen. Es kommt aber noch schlimmer … Genius vermutet, dass Google die Texte bei ihnen geklaut hat! Nur … wie beweist man das?

Schon die Landkartenverlage haben sich mit einem Trick beholfen. Da wurde bei irgendeinem unbedeutenden Fluss eine Biegung eingezeichnet, die es gar nicht gibt. Tauchte die auch bei der Konkurrenz auf … Kopiert! Und auch die Telekom hat sich mit diesem Trick beholfen. Im Telefonbuch standen Menschen, die es gar nicht gibt. Tauchte der Name auch auf der chinesischen CD-ROM auf … Bingo!

Genius hat etwas ähnliches gemacht. Sie haben in den Texten die optisch nur leicht unterschiedlichen Apostrophe und ´ abgewechselt. Da diese in der exakt gleichen Reihenfolge auch bei Google angezeigt wurden war klar: Google bzw. sein Datenlieferant hat bei Genius geklaut. Genius ging aber einen Schritt weiter und machte seinem Namen mit der Idee alle Ehre: Sie haben die zwei Apostrophenzeichen wie Morsezeichen verwendet und sinngemäß „Erwischt“ in die Liedtexte hineingeschrieben.

Ob die Telekom damals ähnlich originell war? Also ich hätte meine Falscheinträge nach Regina, Heinz und Gerhard benannt: R.Wischt, H.Aste von Mia sowie G.Klaut.

Ein Kommentar zu “Hätten’s des g´sehen?

  1. Hier im „Archiv“ liegt tatsächlich auch noch eine CD von Medienanwalt Joachim Steinhöfel namens „D-Info“, war irre praktisch damals, lange bevor man im WWW auf dergleichen zugreifen konnte, weil die Telekom online keinerlei Filtermöglichkeiten anbot. Steinhöfels Produkt war eine echte Marktlücke und sicherlich goldwert für Werbetreibende und andere Zielgruppensucher.
    Zitat Steinhöfel: „Natürlich bin ich ein Arschloch. Und zwar für rechtskräftig verurteilte Markenpiraten, unlautere Wettbewerber und Ruf-Schmarotzer. Die kriegen von mir eins auf die Mütze. Dann jammern sie, ich würde ihre Existenz bedrohen. Und die Presse kauft ihnen diesen Stuß auch noch ab. David gegen Goliath, so was kommt immer gut in Deutschland. Wissen Sie eigentlich, daß in Ihrer Branche reichlich Idioten rumlaufen?“

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